Die Bhagavadgita im Alltag leben

Das Buch von Eckard Wolz-Gottwald über die Yogalehre, die sich nicht nur auf die körperlichen Übungen des Hatha-Yoga beschränkt, sondern die geistigen Phänomene in den Vordergund stellt, beleuchtet die Relevanz einer uralten Schrift für die Moderne

Den Zeitpunkt der Niederschrift des Gesanges Gottes- so die Übersetzung von Bhagavadgita – liegt noch vor der Geburt von Jesus Christus, genaue Angaben gibt es nicht. Wenn hier auch noch eine gewisse Vielgötterei thematisiert ist, so spricht sie schon von dem einen Gott, dem universellen Geist. Dieser Einheitsgedanke erweist sich auch als sehr hilfreich, wenn es um die Erklärung einer Macht des göttlichen Guten geht. Diese Schrift unterscheidet auch zwischen prakriti  und purusha. Ersteres ist der Mensch als geistiges und unvergängliches Wesen, der zweite Begriff thematisiert die körperliche Erscheinungswelt. Die vier Übungswege, die Wolz-Gottwald beschreibt lauten wie folgt: Karma-Yoga (Handeln), Jnana-Yoga (Denken), Bhakti-Yoga (Gefühl)  und Dhyana-Yoga (Meditation). Sie beziehen sich auf prakriti und damit auf unsere geistige Verfassung, die wir durch Denken, Handeln, Fühlen und Meditation (Verbindung mit dem Göttlichen)  in eine Einheit bringen. Ziel aller Übungen ist das Loslassen und das Nichtanhaften, um Leid zu überwinden und sich zu öffnen für die universelle Energie. Der Autor beschreibt die jeweiligen Haltungen, die zur Erlösung führen auch über den Ausgleich der drei Grundeigenschaften, der Gunas –  möglichst in ihren positiven Formen: Tamas (neg. Trägheit/Gelassenheit), Rajas (Aktivität/neg. Getriebenheit) und Sattva (Klarheit/Reinheit/das Gute). Um in die Homöostase zu kommen, bedarf es einer Übung, die sich aber weniger am Erfolg bemisst, als an dem Weg als solchen, die innere Bestimmung zu erforschen und dann auch zu leben, indem sich das Innere für die Innenschau öffnet und für die Schau Gottes.

Die innere Freiheit

Der Mensch erlangt keine Erlösung, wenn er sein Selbst nicht erkennt und befreit von all den Verstellungen, die die Alltagswelt aufbürdet. Diese Verzerrungen führen oft in die Irre und zu neuem Karma im Handeln, weil der Mensch nicht wirklich zu sich selbst kommt in der Kontemplation über das, was wirklich wichtig ist und auch der gesamten Menschheit dient. Prakriti ist keine Selbstsucht, sondern das Erleben von Verantwortung und Verbundenheit, das das Karma auflösen kann, wenn man sich und andere denn wirklich versteht auch über die Übungswege des Yoga. Wir brauchen dazu keinen anderen Menschen oder Therapeuten, der ja letztlich auch nur ins unverstellte Selbst führen sollte, sondern können uns auf die eigenen Vermögen in Verbindung mit dem Göttlichen verlassen. Ohne diese Konnektivität verliert sich der Mensch in seinen Egoismen und sieht sich wie auch andere falsch. Der Yogaweg ist ein Wahrheitsweg. Er räumt alles aus, was sich im Irrtum befindet und Leid verursacht im Besonderen wie im Allgemeinen. Wir können uns also den Weg bahnen von Gott zu unserem tiefsten Inneren und diese Schau ist dann die innere Klarheit, innere Führung und das Erkennen des eigenen Sinns. Diese Einführung von Wolz-Gottwald in die Übungen des Yoga über die körperlichen Übungen hinaus, die letztlich auch keine Gymnastik sind, sondern Möglichkeiten der Harmonisierung von Geist und Körper für mehr Freiheit und Losgelöstheit von der Geschäftigkeit und der Unwissenheit in der Außenwelt, die überall Probleme machen, eröffnet uns erst die Welt durch die  wahrhaftige Selbsterkenntnis.

Meditation, um verändert und gestärkt  in die Welt zu gehen

Die hohe Kunst des Yogas besteht darin, richtig zu handeln, aber sich innerlich nicht von den Misserfolgen oder Erfolgen abhängig zu machen, so dass der Mensch seine innere Freiheit verliert und so zum Spielball von äußeren Einwirkungen wird. Davor will die Yogalehre schützen. Wer sich also auf diesen heilsamen Weg begeben möchte für mehr Klarheit und Wahrheit, der beginne mit dem Buch von Eckard Wolz-Gottwald, um den Einstieg in eine faszinierende Welt der Heilung zu wagen. Die Freilegung des tiefen Wissens über dieses Leben und dieses Seins für die Vorbereitung auf die Ewigkeit ist der Einstieg in die Verbindung mit einer Universalität, die wir dringend brauchen, um zu überleben. Affektgesteuerte Unbeherrschtheit, die sehr viel negatives Karma erschafft, scheint das Credo der Zeit zu sein und damit ein falsches Selbstverständnis: Ich bin so wie ich bin. Dieses falsche Selbstbewusstsein zerstört die Grundlagen unseres Miteinanders und vergrößert das Leid in der Welt. Das wahre Selbstbewusstsein verändert die innere Struktur und ist sich der Wirkungen seines Handelns bewusst. Es geht hier nicht um reines Schönreden, sondern um die Befreiung durch Klarheit, Wahrheit und Schönheit, die das Gute zum Ausdruck bringt. Yoga darf nicht als ein Eskapismus in die Passivität verstanden werden. Wir sind immer aufgefordert, die Welt durch die Übungen der Yogalehre zu einem besseren Ort zu machen – für sich und für andere. Hierfür ist vor allem die Kultivierung des Sattva unabdinglich und des Jnana-Yogas, des philosophischen Übungsweges. Ohne ein tiefes und geklärtes Denken bleiben wir stehen und sind selbst unsere Gefühle von Eigensucht durchdrungen. Yogaübungen sowie vor allem die  Meditation sind die Suche nach Gott und die Vorbereitung auf die Ewigkeit.

Eckard Wolz-Gottwald. Die Bhagavadgita im Alltag leben. Die vier großen Übungswege des Yoga. Via Nova Verlag Petersberg 1.Aufl. 2022

 

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