Zuversicht

Wie kommt es, dass manche Menschen Optimisten sind und andere Pessimisten? Es scheint daran zu liegen, dass Optimisten begriffen haben, wie das Belohnungszentrum aktiv wird, wenn  man positiv denkt. Das Leben der ersteren ist erheblich leichter und erfüllter als das der Pessimisten. Optimismus ist aber kein Geheimnis, sondern kann von jedem durch Übung erlernt werden. Hintergrund ist die Plastizität des Gehirns, auf die ich Einfluss habe, indem ich handle durch ein Denken und ein Tätigsein. Auch Denken ist ein Handeln vor allem dann, wenn es verbalen – auch in einer Therapie – oder schriftlichen Ausdruck findet. Elaine Fox bestreitet die Macht des Denkens in ihrem Buch In jedem steckt ein Optimist. Reines positives Denken könne die Verschaltungen im Gehirn nicht verändern. Dem muss widersprochen werden, denn wer positiv denkt, entwickelt Zuversicht und Hoffnung und engagiert sich. Pessimismus macht nicht viel Sinn, weil der Mensch sich hier auch ohnmächtig fühlt. Seine Handlungskompetenz wird so eingeschränkt, Ängste gewinnen die Oberhand und lähmen. Affirmative Rückkopplungen aber aktivieren den Präfrontalcortex, der für die Kontrolle der Emotionen zuständig ist und Ordnung im System Gehirn schafft. Ich bin aber nicht mein Gehirn, sondern der Geist weist immer auch über materielle Strukturen hinaus und kann so die neuronalen Verschaltungen verändern. Wäre ich identisch mit meinem Gehirn, gäbe es keine Bewegung und keinen Wandel. Ich kann also entscheiden, welche Areale aktiviert werden und sich damit neuronal vergrößern bzw. verstärken über eine Zunahme der Neuronendichte. Die Angst korreliert mit der Amygdala. Wenn ich mich fürchte, vergrößert sich dieses Areal und es wird schwer, die Angst im Zaum zu halten. Über positives Denken aktiviere ich den Präfrontalcortex, der auch über die Vernunft zu positiven Lösungen kommt. Viele Probleme sind selbst gemacht und können jederzeit durch Therapie, Meditation sowie durch Kontemplation, die die Aktion vorbereitet, überwunden werden.

Alles eine Frage des Bewusstseins

Selbst kranke Menschen entwickeln manchmal ein sehr positives Denken und werden zu Optimisten, weil sie sich nicht passiv in  ihr Schicksal ergeben, sondern die Dinge in Angriff nehmen, die sie noch tun können, um so zunächst das eigene Selbst zu stützen und sich auch für andere einzusetzen. Optimismus beruht auch auf einer Willenskraft, die mobilisiert werden kann, um ein gelungenes Leben zu führen. Letztlich ist es ein Bewusstsein in Bezug auf die Zusammenhänge zwischen Handeln und Gehirnstruktur. Dieses Wissen ermöglicht eine Energie, die eben nicht nur die Einstellung verändert, sondern auch das neuronale System. Negative Gedanken entstehen dann, wenn ich meinen schlechten Erfahrungen nichts entgegensetze. Die Gene sind nicht für die Inhalte meines Denkens verantwortlich, denn wir wissen, dass die Epigenetik sehr wohl auch auf das Denken reagiert und nicht nur auf das Umfeld, auf das wir nicht immer Einfluss haben. Inwiefern sich Gene ein- oder ausschalten, liegt an meiner Einstellung zum Leben. Ich muss eine Achtsamkeit mir selbst gegenüber entwickeln, um auch achtsamer mit der Außenwelt umgehen zu können. Was ich für mich selber tue, das gönne ich auch anderen. Ich habe eben auch Einfluss auf das mich umgebende Umfeld. Optimismus kann anstecken. Pessimismus lässt wenig Spielraum für die eigene Entfaltung, die aber unabdingbar ist, wenn man Gesundheit anstrebt. Die Selbstaufgabe kann nicht das Ziel sein, denn wir brauchen die Potenzialentwicklung, um die Kultur zu befördern.

Die Macht des Selbsts

Wenn ich der eigene Designer meines Gehirns bin, erlebe ich Freiheit auch von all den negativen Erfahrungen, die sich ins Gehirn eingegraben haben. Das muss so nicht bleiben. Halt kann ich mir erarbeiten, indem ich mich durchsetze mit einer positiven Einstellung gegen den Fatalismus. Das Gehirn ist einzigartig und das Resultat unseres Verhaltens im Denken und Handeln. Dieses Bewusstsein über die prinzipielle Formbarkeit des Gehirn ist schon Optimismus, denn keiner muss sich mit einer unerträglichen Situation abfinden. Letztlich ist es auch die Disziplin, die das Selbst befördert, um seine Ziele zu erreichen. Erfolg und Glück haben primär nichts mit Materialität zu tun, sondern entstehen durch hohe Selbstorganisation und der Einsicht in die Selbstwirksamkeit. Ohne eine gewisse Routine geht es nicht. Mit einer Sache anzufangen und sie durchzuhalten ist mit einer Modifikation des Gehirns verbunden. Dasselbe gilt für das Denken. Oft wird auch bestritten, dass das Lesen von Büchern nichts verändern kann. Lesen setzt immer auch einen Denkprozess in Gang und eröffnet somit neue Chancen. Wodurch ich auch immer geprägt wurde, ich kann mich selbst zu dem machen, der ich sein will. Dafür muss ich einfach überzeugt sein. Zweifel sind kontraproduktiv und schwächen das gesamte System, das ja den Fortschritt braucht und anstrebt für die Realisierung für mehr Gesundheit. Ich muss nicht alles können, sondern das. was ich mir vorgenommen habe zu werden. Das hat nichts mit Eigen- oder Ichsucht zu tun, sondern mit der Erkenntnis über unser Gehirn, das das Negative eher meidet und sich vor schlechten Erfahrungen zu schützen versucht. Es geht hier nicht um einen blinden Optimismus. Vielmehr gibt es viele gute Gründe, optimistisch zu reagieren, weil ich weiß, welche Macht mein Bewusstsein hat, wenn Selbstwerdung gelingt. Optimismus sind wir uns gegenseitig schuldig. Vieles wird gut, wenn ich daran glaube und mich nicht verunsichern lasse durch den ewigen Zweifel, der meine Pläne unterminiert.

Elaine Fox: In jedem steckt ein Optimist. München 2012  1. Auflage.

Das reine Sein gegen die schwierige Vergangenheit

Caroline Makovec befasst sich in ihrem Buch Befreie Dich von den Fesseln der Vergangenheit vor allem mit dem Problem der Verletzungen in der Kindheit, die zu einer Dysfunktionalität und zu Krankheitssymptomen führen können, wenn Authentizität, Selbstliebe und Bewusstwerdung nicht gelingen. Nicht jeder Mensch ist das geworden, was er sich ursprünglich vorgestellt hat, weil er aufgrund seiner Hochsensibilität es vorwiegend anderen recht gemacht hat und nun nicht zu sich selbst kommt ohne Schuldgefühle zu entwickeln. Sie orientieren sich zu stark in der Außenwelt und vernachlässigen ihre Innenwelt, wenn sie in frühen Jahren nicht als sie selbst anerkannt wurden. Ablehnung und Abwertung führen dann zu extremer Anpassung an das Uneigentliche und damit zur Selbstentfremdung, die Symptome ausbildet, die die Lebensqualität und Gesundheit einschränken. In einer Therapie der zunehmenden Bewusstwerdung schildert Caroline Makovec anhand von Fallbeispielen und Übungen den Prozess der Befreiung von falschen Glaubenssätzen, die tief im Unbewussten gespeichert sind und ihr Unwesen treiben. Sie orientiert sich an dem Gedankengut des Tao Te King von Laotse. Hier geht es um das reine Sein als Ausdruck von höchster Weisheit gegen ein Getriebensein im Alltagsverstand, der oft genug negativ determiniert ist und determiniert.

Die entscheidende Rolle der Intuition

Die Intuition ist vorwiegend weiblich konnotiert und beschreibt das Gefühl und die innere Stimme, die sich von den Gedanken des Verstandes unterscheidet. Sie ist nicht rational, sondern positiv emotional, ohne rein subjektiv zu sein. Ihre Objektivität erhält sie durch die Empathie und einer Verbundenheit mit anderen bei Erkenntnis ihrer Seelenlagen. Dieses Einfühlungsvermögen ist objektiv und eine eigene Erkenntnismöglichkeit neben den Verstandesleistungen, die oft nur bewerten und urteilen. Die Intuition lässt zu, ohne dem anderen zu nahe zu treten, sie vermittelt Verständnis und ermöglicht auch einen intensiven Zugang zum eigenen Selbst für ein gesünderes Leben und vor allem für die Möglichkeit von Heilung im Loslassen. Verletzungen in der Kindheit prägen das Ich und erschüttern nicht selten das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein. Den eigenen Wert macht der Verletzte von anderen oft symbiotisch abhängig und kommt nicht zu sich selbst und einer Erfüllung seines eigentlichen Ichs, das in der Intuition immer schon weiß, was gut ist und was die Expression des Ichs behindert. Es geht hier nicht um Egoismus oder Narzissmus, sondern um Entfaltung des eigenen Potenzials, ohne sich zu vergleichen. Therapie ist bestenfalls Bewusstseinsarbeit und ist in der Lage, die falschen Entscheidungen und Weichenstellungen im Leben zu korrigieren. Krankheit kann als Ausdruck einer Verkümmerung dieses Potenzials verstanden werden. Das Buch von Caroline Makovec versucht, das Leben wieder auf eine wahrhaftigere Basis zu stellen, von der aus der Mensch wieder wachsen kann. Was wächst, wird gesund durch die Veränderung hin zu einem echten Leben in Weisheit bzw. Wissen um sich selbst und seine Verbundenheit.

Unbegrenztes mentales Wachstum

Die Entwicklungsprozesse sind nie abgeschlossen und weisen noch über den Tod hinaus, wenn man die Unsterblichkeit der Seele annimmt. So ist es Aufgabe, Weg und Ziel, das eigene Selbst authentisch zu erfassen und in Kreativität zu stabilisieren. Die Momente der stillen Besinnung bzw. der Kontemplation sind dafür notwendig, damit sich die leise innere Stimme gegen das Getöse in der Außenwelt Gehör verschaffen kann. Glück tritt ein, wenn sich das Innerste entfalten kann im Denken und im Handeln auch im Sinne eines Flow durch die energetischen Transformationsprozesse, die ihr neurophysiologisches Korrelat entwickeln. Aufgrund der Neuroplastizität des Gehirns können Traumata durch Identität, Authentizität und Selbstliebe überschrieben werden. Bewusstseinserweiterung geschieht durch eine Erreichung der Ganzheitlichkeit, die sich auf Körper, Geist und Seele bezieht und eine prinzipielle Offenheit für das, was ist, ermöglicht. Ohne die Energie des Hier und Jetzt findet keine Heilung statt. Jeder Bewusstseinsmoment zählt und wird intrinsisch genährt gegen Fremdbestimmung und Manipulation, die das Selbst verzerren und verunstalten können. Unglück und Krankheit sind die Folgen. Das Buch vermittelt die Zuversicht, dass durch Bewusstseinsübungen und Erinnerungen an die positiven Erfahrungen auch in der Kindheit Probleme gelöst werden können, die zur Unterdrückung  des eigenen Lebens geführt haben. Sensible Menschen verlieren nicht selten den Kontakt zu sich selbst, weil sie zu viel von der Außenwelt erwarten und hier zu starken Einflüssen ausgesetzt sind. Davon darf sich der Mensch nicht abhängig machen, er trägt die Lösung und die Antwort in sich selbst und darf das Gespür für diese Innerlichkeit nicht verlieren, damit die Außenwelt nicht zu einer Überforderung wird.

Wer sich also auf den Weg machen möchte mit Laotse und Caroline Makovec, der macht mit diesem Buch einen Anfang für ein selbstbestimmteres Leben in Zufriedenheit. und Freiheit.

Caroline Makovec: Befreie Dich von den Fesseln der Vergangenheit. Dielus-Verlag Leipzig 2021