Die heilige Sphäre

Allen Religionen gemeinsam ist die Erfahrung der entgrenzenden Alleinheit der unio mystica, die alles Subjektive und Vereinzelte übersteigt.

Wir müssen nicht so weit gehen, dass das Göttliche in allem zu finden ist. Das entspricht nicht der Realität. Das Schlechte kommt in die Welt durch Unwissenheit und fehlende Gotteserfahrung sowie Begrenzung durch den Körper. Wirkliche innere Freiheit findet der Mensch nur in der Überwindung seines Egozentrismus. Der Zen-Meister Dogen Kigen (1200-1253) lehrte: „Den Weg studieren, heißt sich selbst studieren. Sich selbst studieren, heißt sich selbst vergessen. Sich selbst vergessen heißt, in Harmonie mit dem ganzen Kosmos zu sein“. Man möchte noch hinzufügen: Mit dem Kosmos in Harmonie zu sein, heißt innere Freiheit. Die unio mystica auch bei Meister Eckehart besagt dasselbe: Die Einswerdung mit Gott ist eine Erfahrung tiefsten inneren Friedens und Glücks und auch der Heilung. Von hier aus kann ich das Konflikthafte lösen und komme in den Fluss des Tuns und Werdens. Diese Verbindung mit Gott ist der Urgrund des Daseins und nicht an bestimmte Rituale und Dogmen gebunden, wie man immer wieder betonen möchte. Hier ist kein Raum für Fundamentalismus, denn diese heilige Sphäre ist Befreiung vom kleinlichen und berechnenden menschlichen Denken. Sie ist die Quelle für Hoffnung und Zuversicht. In der Stille komme ich ihr sehr nahe. So kann ich in mich hineinhorchen und meine Ich-Grenzen überwinden, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Begierden und negative Emotionen sind extreme Beschränkungen, die eben dadurch auch sehr unglücklich machen.

Spiritualität kennt keinen fundamentalen Dogmatismus

Sicher steht diese mystische Erfahrung im Kontrast zur Welt, die spirituelle Erfahrungen sehr behindert, weil sie auf der Materie beruht und damit das Körperliche überbetont, das wenig Freiheit kennt und auch den Geist einschränkt. Alles Geistige ist keine Abgehobenheit, sondern die Möglichkeit über die Kontemplation zum Wesentlichen zu kommen. So schreibt Bede Griffith: „Es gibt ein tiefes Zentrum in jedem Menschen, das nur von Gott, dem Unendlichen, dem Ewigen ausgefüllt werden kann. Jeder Mensch kann in seiner physischen Situation und seiner Psyche verloren sein. Aber dieses Zentrum ist immer da“. Es ist etwas Geistges. Diese Gegenwärtigkeit Gottes im Geist jedoch muss als etwas gedacht werden, für das man sich öffnen muss, damit es offenbar werden kann. Es gibt eben auch die Abwesenheit dort, wo der Mensch beginnt zu verletzen und zu schädigen und schlimmstenfalls auch noch in Gottes Namen. Das ist keine Spiritualität, sondern Sünde. Gläubige Menschen sind oft keine besseren Menschen, was uns glaubhaft Ulrich Schnabel in seinem Buch Die Vermessung des Glaubens vermittelt. Spirituelle Menschen jedoch tun alles, um Verletzungen und Schädigungen zu minimieren, weil Schädigungen eine Kette von negativen Wirkungen nach sich ziehen und in die Krankheit führen können. Solche Ursache-Wirkungsmechanismen sind dann schwer wieder zu heilen. Über die Erfahrung des Göttlichen kann es gelingen, denn hier ist der Mensch wieder ganz heil und ganz. Die Erfahrungen in der Welt spielen eine immer geringere Rolle. Rituale, Dogmen und Gurus sind nicht unbedingt notwendig, um diese spirituellen Erfahrungen zu machen. Der Mensch muss nicht in die Lehre gehen, sondern kann das Göttliche direkt erfahren ohne Vermittlung.

Das Göttliche ist zeitlos und damit höchste Freiheit

Es scheint an der Zeit, immer mehr Gewicht darauf zu legen, was allen Religionen (hierzu zählt auch der Buddhismus) gemeinsam ist. Der Zustand der Leidfreiheit auch unter schlechten Umständen steht jedem offen gegen alles Trennende und Berechnende. Lange Ausbildungen sind dafür nicht nötig. Das patriarchale Denken spricht eine andere Sprache. Hier ist etwas nur ernst zu nehmen, wenn es vermittelt worden ist durch jemanden. Aber jede Vermittlung ist auch wieder Einschränkung und manchmal eben auch Verunstaltung der Spiritualität, die objektive Züge trägt und keine Privatreligion ist. Wer die Einheit mit Gott sucht, der kann sie auch erleben. Wo sie nicht gewollt ist, da findet sie auch nicht statt. Ganz ohne Arbeit kommt man dabei nicht aus, aber die sollte nicht durch eine andere Person verzerrt werden. Gott zu erfahren besteht in der Erreichung einer hohen Energie, die vieles gelingen lässt. In dieser Verbindung vollzieht sich aber nicht die Auslöschung des Selbst, sondern das Potenzial der Möglichkeiten, durch diese Verbindung ganz selbst zu sein, ohne in die Vereinzelung zu geraten, sondern in der Verbindung zu wachsen und zu werden, was man im tiefsten Wesensgrund ist. Zugang finde ich hier in der Einheit mit der Ewigkeit Gottes als ganzes Dasein, das nicht von Raum und Zeit zerhackt wird. Die Erkenntnis Gottes ist fundamentaler als die Erkenntnisse des Verstandes und sie ist in der Lage, Menschen zu einigen, denn alles Wahre ist auch tiefer Frieden und Sinn, von dem Ulrich Schnabel meint, dass man ihm folgen soll – egal ob man das Ziel erreicht: „Und wer ein Warum hat zu leben, erträgt fast jedes Wie“

Bede Griffith: Göttliche Gegenwart. Wien 2002

Ulrich Schnabel: Die Vermessung des Glaubens. München 1. Auflage 2010

Ulrich Schnabel. Zuversicht. München 1. Auflage 2018

Bessere Gesetze

Nicht alles, was Recht und Gesetz ist, ist auch gerecht. Bleiben wir wachsam und arbeiten auch am rechtlichen Fortschritt. Dazu ist jeder einzelne aufgerufen

Über die Notwendigkeit des mentalen Fortschritts wurde schon an anderer Stelle gesprochen. Eigentlich ist vor allem der mentale Fortschritt ein wirklicher Erfolg, weil vieles andere doch eher flüchtiger Natur ist. Und den mentalen Fortschritt hat jeder selbst in der Hand, ist hier von niemandem abhängig. Aber wir sind auch mit einem anderen Problem konfrontiert: mit Gesetzen, die wenig fortschrittlich sind und der Wissenschaft und den Erkenntnissen weit hinterhinken. Manche Gesetze sind auch weiterhin regelrecht ungerecht und fügen dem Menschen großen Schaden zu. Auch im Bereich von Recht und Gesetz muss um die Wahrheit gerungen werden. Dass diese Welt nicht gerecht ist, weiß jeder, aber wenn es einen selber trifft, ist man entsetzt und fassungslos, was die Rechtslagen und Rechtsbeugungen betrifft. Ein guter Staat ist für Erneuerungen und Verbesserungen stets offen und flexibel. Ist aber erst einmal etwas Gesetz, ist es aufwändig, es wieder zu ändern. Manche Gesetze sind bequem, machen es dem Staat leicht einzugreifen und die Rechte des Bürgers einzuschränken. Hier ist meistens auch eine Propaganda am Werk, die den Status quo erhalten will. Leider sind es auch allgemeine Vorurteile, die vermeintliche Sachverständige am Laufen halten. Dagegen hilft meistens die Statistik, die eine andere Sprache spricht. Aber auch der gesunde Menschenverstand allein muss zu Korrekturen führen können. Hierfür braucht man gut begründete Argumente.

Der Staat macht es sich sehr leicht und schadet den Betroffenen

Psychisch kranke Menschen werden in den westlichen Ländern so stark stigmatisiert, weil sie das übliche Alltagsdenken nicht bedienen. Leider sind diese Menschen aber relativ machtlos und zu ohnmächtig, sich gegen all die Ungerechtigkeiten, Unterstellungen und Vorurteile zu wehren. Man grenzt hier lieber aus und ignoriert sie, als sie als sensible und meistens intelligente sowie produktive Zeitgenossen wahrzunehmen. So ist man auch hier bemüht, psychisch kranken Menschen einfach Dummheit zuzuschreiben, damit man sie nicht ernst nehmen muss. Es gibt aber auch Völker, die psychisch kranken Menschen einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft zugestehen, weil ihre Einsichten über das Leben meistens tiefer und fundierter sind. Sie blicken nicht nur in Abgründe, sondern eben auch auf den Grund. Ihr Reflektionsniveau ist wesentlich höher als das des Ottonormalverbrauchers. Sie zu integrieren ist eine Bereicherung für die gesamte Gesellschaft. Tatsache aber ist das Gegenteil. Pathologisierungen und ein desolater Verfahrenskatalog bewirken nur Diskreditierungen. Dabei wäre es an der Zeit zu begreifen, dass psychisch Kranke viel zu sagen haben und ihre Meinung etwas wert ist. Sie verstehen meistens mehr über die Zusammenhänge des Lebens als ein vermeintlich gesunder Mensch. Dabei bewegt man sich sowieso auf einem Grat, was Gesundheit und Krankheit betrifft.

Alles eine Frage des Profits

Gerne bringt man kranke Menschen auch in die Nähe von Menschen, die anderen Menschen Schaden zufügen, was eindeutig falsch ist. Opfer und Geschädigte verabscheuen Gewalt und sind in Bezug auf andere Menschen eher vorsichtig und achtsam, da sie selbst so behandelt werden möchten. Dass psychisch kranke Menschen von Gesetzen terrorisiert werden, ist weiterhin ein Skandal, der immer wieder klein geredet wird, wenn irgendein Terrorist Schaden anrichtet. Dies korreliert aber nicht mit einer Krankheit, sondern mit seiner persönlichen Neigung, Konflikte über Gewalt zu lösen. Das ist aber eine ganz andere Motivation, die mit Krankheit nichts zu tun hat. Wer zum Opfer geworden ist, der entwickelt eine hohe Sensibilität gegenüber Verletzungen, ist viel achtsamer als der Rest der Bevölkerung, meistens eben sogar hochsensibel nicht nur in Bezug auf die eigene Person, sondern auch anderen gegenüber. Gesetze, die kranke Menschen diskreditieren, gehören einfach abgeschafft.  Die Antipsychiatriebewegung war und ist hier ein Denken, das unbedingt mehr Öffentlichkeit erreichen muss und darüber aufklärt, was der Staat verschweigt, um weiterhin repressiv tätig bleiben zu können. Für eine Besserung der Lage wird kein Geld ausgegeben und keine Energie investiert, da man Kranke auch für unproduktiv hält. Man verspricht sich auch keinen Profit. Aber bestens integrierte Menschen leisten dann doch sehr viel, wenn man sie denn anhören und sich ihrer Probleme annehmen würde. Psychische Erkrankung ist aber nur ein Beispiel von vielen in der Politik, die sich viel zu langsam bewegt. Und was gestern noch Recht war, kann morgen schon höchstes Unrecht sein. Mehr Liberalismus muss umgesetzt werden bei mehr Verantwortlichkeit für den Einzelnen. Wir sind nicht dazu da, alles einfach hinzunehmen, sondern müssen das verändern, was die Humanität angreift.

Henry David Thoreau: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat. Frankfurt am Main. 1. Auflage 2001

Lebenscoaching

Wer sich mit Problemen herumplagt, braucht manchmal eine Unterstützung, die das eigene Umfeld nicht abdeckt. Darum wird ein Coach notwendig, der die Dinge objektiv sieht und dem Leben auf die Sprünge hilft.

Man kann nicht alles alleine schaffen, vor allem wenn es um das eigene Leben geht, das in die Entfaltung will und  muss, um gesund zu werden oder zu bleiben. Es geht nicht immer alles gut aus, weswegen man sich im Ernstfall Hilfe holen muss. Eigentlich ist es das keine Beratung, sondern ein gemeinsames Herausfinden von Ursachen und deren Bewältigung im Dialog. Der eigene Wille und die eigenen Neigungen sind dabei relevant für den Gesprächsprozess, der sich auf die Lebensführung bezieht auch und gerade bei Erkrankungen. Deswegen handelt es sich nicht nur um ein Lebenscoaching, sondern auch um ein Sinn- und Glückscoaching für ein besseres Wohlbefinden und für die Selbsterkenntnis im Kontakt mit einem Coach, der die Dinge des Lebens zur Sprache bringt. Am Leben sollte keiner verzweifeln, es gibt immer eine Lösung, die aus der Verirrung herausführt Wer nicht mehr weiter weiß, kann sich an Menschen wenden, die sich viele Gedanken über das Leben machen. Das Leben enthält Sackgassen und Stagnationen, die den Fluss unterbrechen und so zu Krankheiten führen können. Eine Sprache für die eigenen Schwierigkeiten zu finden ist daher kein Zeichen von Schwäche, sondern eins des Bewusstseins. Die eigene Aufgabe zu finden ist der erste Schritt in die Gesundheit.

Das Glück der zunehmenden Bewusstheit

Sicher kann man sich auch selbst coachen, aber dafür hat nicht jeder die Energie und vielleicht auch nicht das Wissen. Unwissenheit ist eine Ursache des Leidens. Bewusstseinsprozesse können im Dialog geklärt werden, so dass ein erfülltes Leben möglich wird. Wir sind nicht auf der Welt, um etwas zu ertragen, sondern um zu wachsen und zu reifen für mehr seelische und körperliche Gesundheit. Die verliert man schnell, wenn man die Zusammenhänge nicht klärt., in die man oft verstrickt ist. Zu ergründen, was man wirklich will und kann, setzt viel Selbstorganisation voraus. Wer nicht mehr zu sich selbst vordringt, lebt in Gefährdung, Und Selbstaufgabe hat viele Gesichter. Im Coaching geht es aber gerade um die Selbstentfaltung gegen die Resignation. Und komplexes Denken kann aus der Krankheit und dem Leiden herausführen. Bewusstsein macht glücklich, weil hier der Mensch frei wird von der Enge der Planlosigkeit. Es gibt Tage, an denen einfach nichts gelingt. Hier hat man meistens den Kontakt zu sich selbst verloren, sieht die Chancen nicht, sondern nur die Schwierigkeiten. Dabei ist es gar nicht so schwer, neuen Lebensmut zu finden und Energien zu bündeln für die Umsetzung seiner Ziele auch bei Einschränkungen durch eine Krankheit. Energie- und Kraftlosigkeit weisen auf unbearbeitete Probleme hin auch in der Identitätsfindung. Ich muss mich mit etwas identifizieren, damit das Selbstbewusstsein positiv wirken kann. Manchmal ist es das Erlebnis reinen Seins oder der Entdeckung von Fähigkeiten, die aus der Misere hinausführen.

Anleitung zum Selbstcoaching

Es geht darum, mit einem anderen Menschen, der selbst viel erlebt und durchlitten hat, einen guten Weg zu finden als Antwort auf ein manchmal kompliziertes Leben, das keinen roten Faden erkennen lässt. Für eine stabile Gesundheit braucht der Mensch den Erfolg, mit den Dingen in den Fluss zu kommen, die man sich ausgesucht hat. Die Arbeit an sich selbst gelingt nicht immer im Alleingang. Jeder Überflieger hat einen Coach im Hintergrund, der die Anleitung zum Selbstcoaching vermittelt gegen neue Abhängigkeiten, die nicht glücklich machen. Autonomie ist das höchste Ziel und die Voraussetzung für ein Gelingen des Lebens.  Auf diesem Weg kann man sich begleiten lassen gegen den blinden Fleck im eigenen Dasein. Coaching ist in jedem Alter sinnvoll, weil sich auch die Anforderungen wandeln und neue Ängste entstehen. Im Coaching kommt man an die eigenen Ressourcen heran, die Sinn vermitteln und aus den mentalen und manchmal auch körperlichen Beschwerden herausführen. Und mentale Gesundheit ist notwendig für die Durch- und Umsetzung von Vorhaben. Es ist also sinnvoll, sich etwas vornehmen über die Analyse von Probleme hinaus. Tätigwerden bringt die Dinge auf den Weg, entkrampft die Geschehnisse auch gegen allerlei Drogen, die real nichts verbessern, sondern nur ablenken vom eigentlichen Problem. Gegen ein Betäuben hilft die Bewusstseinsarbeit, die manchmal zu erstaunlichen Fortschritten führt und das eigene Leben transformiert. Kranke können so zu neuer Energie gelangen, die Dinge zu tun, die Freude bereiten und nach innen und außen wirken. Selbsterkenntnis und Neuordnung können eben auch angeleitet werden, wenn man sie selbst nicht schafft. So eröffnen sich neue Türen für ein erfülltes Leben bis ins hohe Alter hinein.

gabriele-kuehner@philosophische-beratung.net  (Honorar nach Vereinbarung) Bitte an diese Email schreiben für die Vergabe von Auftragstexten.

Die Müßigkeit des rein rationalen Denkens

Generell kann man feststellen, dass Analyse und logisches Denken zwar manchmal Sachverhalte klärt, aber nicht zu neuen Erkenntnissen führt.

Die Lektüre von Habilitationen hinterlässt manchmal eine gewisse Ratlosigkeit,, weil spürbar ist, dass der Diskurs hier ein rein wissenschaftlicher ist und damit beschränkt. Langeweile und eine gewisse Leere breiten sich aus. Auf eine Erweiterung des Bewusstseins hofft man hier vergebens. Ganz absurd wird es, wenn man sich Gott auf rationalem Weg nähern will. Die Rede von der „Armut im Geiste“ bezieht sich auch genau darauf. Es bedeutet nicht, dass jemand nichts im Kopf hat oder nicht denken kann, sondern dass er sich frei machen muss vom gewöhnlichen logischen Denken und auch von der Analyse. Das wissenschaftliche Denken führt häufig in ein gedankliches Gefängnis, das eine Verengung des Erkenntnisvermögens bedeutet. Ich kann auch Wissenschaft nicht an Sexualität koppeln, um dem Dilemma zu entgehen. Vielmehr ist es eine gefühlte Erfahrung, die ihre Berechtigung hat im Glauben, der ja bekanntlich Berge versetzen kann. Überzeugungen erfahren wir nicht über reines Denken, sondern eben auch über die Gefühle von Weite und Unbegrenztheit, die uns innerlich befreien und heilen. Wahres Leben ist nicht müßige Logik, sondern die Komplexität unseres Erfahrungsbewusstseins. Auf die vielen Irrtümer logischen Denkens kann hier nicht weiter eingegangen werden. Dahinter verbirgt sich nicht selten eine gewisse Lebensuntüchtigkeit, die auch zu schwerwiegenden Folgen führen kann. Wir begegnen uns auch nicht auf der logischen Ebene, sondern auf der interaktionalistischen bestenfalls der Resonanz oder der befremdenden der Polarität, die meistens nicht zu tieferen Gefühlen führt.

Wissenschaft beschränkt die Erfahrungskomplexität

Sicher, manchmal muss man sich Menschen auch vom Hals halten, die immer dasselbe sagen und meinen über die Wiederholung komme man ans Ziel. Hier funktioniert auch oft die Kommunikation nicht. Sie bringt nichts Neues zu Tage und langweilt ebenfalls. Nur sehr wenige Beziehungen sind in der Lage, neue Erkenntnisse zu generieren. Hierfür bedarf es wahrscheinlich wahrer Liebe, die nicht so häufig vorkommt und die nicht nur das Eigene im Anderen liebt und anerkennt. Es gibt auch Menschen, die die Andersheit eines Menschen einfach nicht anerkennen und meinen, sie müssten dem Anderen nur immer Recht geben, damit die Dinge weiter bestehen. Das ist vergeblich und ein Mangel an Charakter. Die Andersheit anzuerkennen, ist der Mut zur Differenz mit allen Konsequenzen wie der Begrenztheit der Intimität. Über einen gewissen Punkt kommt diese Bekanntschaft nie hinaus. Hintergrund hier ist meistens eine Ungleichheit des Interesses aneinander und der Interessen allgemein. Letztlich beschränken diese Schieflagen das Erkenntnisvermögen, weil es hier nicht befreiend sein kann. Das wäre es nur, wenn eine Übereinstimmung in den Grundhaltungen zum Leben vorliegt, das sich nicht beschränken will, sondern sich in der Fülle der Erfahrungsvielfalt zum Ausdruck bringt. Wir finden das vor allem in der Literatur und der Musik und ganz sicher nicht in den Wissenschaften.

Ohne Du kein Wachstum

In der Liebe kommen wir dieser Erkenntniserweiterung schon sehr nahe. Es ist hier nicht die Libido, die viele mit Liebe verwechseln, sondern die reine Zu- und Hinneigung zu einem anderen Menschen in Gegenseitigkeit, ohne den das Leben schwer und kompliziert wird, was keiner wollen kann. Es lohnt sich nicht, sich an Menschen abzuarbeiten, die solche Zusammenhänge schlichtweg leugnen oder nicht wahrhaben wollen, eigentlich nur auf der Suche nach sich selbst sind und selbst diese Frage nicht beantworten können. Wie wollen sie jemals bei jemand anderem ankommen? Die Beziehungsfrage bleibt bei diesen Menschen ungelöst und der Mensch seltsam tragisch unerlöst. Ganz unverständlich wird es, wenn jemand mit logischen Denken an einen anderen Menschen herangeht. Das ist armselig und genauso unerlöst. Das zeigt uns, wie dringend wir die Erkenntnis- und Bewusstseinserweiterung brauchen, um innerlich zu wachsen und zu reifen, ja um das zu erreichen, was wir uns vornehmen, denn oft ist es die Begegnung mit einem anderen Menschen, die die Energie liefert für ein erfolgreiches und glückliches Leben. Dieser Andere kann auch Gott sein oder Jesus Christus, dessen Stimme wir oft genug überhören. Wir tragen sie in uns, sie ist aber nicht identisch mit dem eigenen Ich. Es ist ein innerer Austausch, ein notwendiger Diskurs, der für den sich entfaltenden Menschen konstitutiv ist. Allein schaffen wir das nicht, der Mensch bleibt eindimensional und einsilbig, er dringt nicht zu sich selbst durch und tut eben oft das Falsche. Wahre Liebe ist die Lösung gegen ewige Stagnation und wenn es die Liebe zu Gott ist für ein komplexeres Denken und für den Mut, etwas zu wagen im Leben, dessen Ausgang wir noch nicht übersehen können.

Gewidmet der Jugend, die hoffentlich im Herzen immer weiter besteht (Sing Street, Arte 06.08.21 2015Uhr)

Der Trost der Religion

Die Thesen Meister Eckeharts scheinen veraltet, wenn man nicht hinreichend definiert, was er unter Aufgabe des eigenen Willens versteht.

Wir geraten in eine Widersprüchlichkeit, wenn wir den eigenen Willen Gottes Willen entgegensetzen. Gerade aber um die Aufhebung dieses Konflikts geht es Meister Eckehart. Das Leiden zu beenden über Erreichung einer inneren Freiheit ist seiner Meinung möglich, wenn der Mensch sich vom Vollkommenen transformieren lässt. Gott ist für ihn das Unaussprechliche, dem keine ontologische Qualität zukommt. Gott ist das Wissen und die Heilung von Leiden, die vor allem durch die Materialität unseres Lebens verursacht werden. Er unterscheidet deshalb den Willen der nicht erleuchteten Ichhaftigkeit vom Willen Gottes. Aber die erkennende Selbstfindung ist eigentlich immer schon eine spirituelle, die sich selbst transzendiert angesichts der Kultivierung der eigenen Fähigkeiten und Einsichten. Die Erreichung von Glückseligkeit ist befreit von allen Körperlichkeiten bzw. der Materialität. So schreibt er auch über die Krankheiten in seinen Predigten: „Das Licht findet man recht eigentlich in der Finsternis; somit, wenn man Leiden hat und Ungemach, dann ist uns das Licht am allernächsten“(S. 266). Ihm ging es um die Freiwerdung von eigenen Vorstellungen und Bildern für die Öffnung eines göttlichen Willens. Es geht also nicht um Selbstaufgabe, sondern um die Überwindung der ichhaften Vorstellungen, die nur das Eigene wollen und nicht das Vollkommene. Also werden Gutheit und Gerechtigkeit ignoriert zugunsten des Ichs, das sich durchsetzen will gegen höhere Erkenntnisse, die immer schon regulieren und damit transformieren.

Die höheren Synthesen machen selig

Die Einheit von menschlichem Willen und göttlichem Willen ist schon durch die Idee Gottes gegeben und löst den Konflikt auf. Konflikte verursachen Krankheiten und schwächen Seele und Geist. In der Energie des Einsseins mit der Idee der Vollkommenheit in Gott kommt der Mensch zu sich selbst und zur Einsicht in die Synthesen des Denkens im Sinne von Offenbarungen, die der Geist empfängt. Auf die Empfänglichkeit muss sich der Mensch vorbereiten, denn er hat sie nicht qua Schöpfung (Kreatur), sondern über die höheren Vermögen des Geistes, der sich so befreit aus den Zwängen des Alltagsverstandes und der auch in der Lage ist, Raum und Zeit zu überwinden für die seelische Erfahrung von Ewigkeit. Diese Ewigkeit macht glücklich, denn alles Vergängliche wird nebensächlich, ist das Ergebnis von Offenbarungslosigkeit. Das Leerwerden ist die Voraussetzung für die Fülle des Daseins in Gott. Dies geschieht vor allem über die Erkenntnis und die Einsicht in die Sphären des reinen Denkens, das von Fleisch und Blut befreit ist für die Erreichung der Synthese mit Gott und reinem Geist, der nur dort eingehen kann, wo er verstanden wurde als oberstes Prinzip unserer Seele, unseres Bewusstseins und des Geistes und vor allem der Vernunft, was wir unter dem Sammelbegriff Mind verstehen als Ausdruck von Idealität, die die Materialität bzw. Endlichkeit transzendiert.

Das göttliche Bewusstsein

Meister Eckehart geht es aber nicht nur um ein gefühlsmäßiges Erfahren der Fülle durch Spiritualität, sondern um ein Wissen, das in Bewegung ist wie alles Innerliche. Rituale sind für ihn Äußerlichkeiten, die nicht unbedingt zur Erfahrung eines göttlichen Willens führen. Wer ganz davon erfasst wird, ist im Reinen mit sich selbst und der Welt und erkennt den Fortschritt im Bewusstsein, das Ewigkeit will und sie in Gott erhält. Es gibt keinen Anfang und kein Ende, aber es gibt die Geburt des göttlichen Bewusstseins, das alles verändert und so transformiert, dass Ängste und Sorgen verschwinden im Vertrauen auf die Kraft und Energie durch die Einswerdung mit Gott. Der Glaube kann Berge versetzen  und die Dinge zu einem Besseren wenden, weil es nicht nur das eigene Ich ist, das sich profiliert, sondern das göttliche Selbst, das eine beglückende Bewusstseinserweiterung bedeutet. Konflikte heben sich hier von selbst auf, es gibt immer eine Lösung. Selbst traumatische Erfahrungen finden hier eine Heilung, weil das Verstehen eine neue Qualität erhält. Der eigene Wille ist oft mit Widerständen konfrontiert, die dadurch zustande kommen, dass etwas nicht durchdacht wurde und auf seine Offenbarung wartet. Das Einzigartige kommt in die Verbindung mit dem universellen Geist und kann sich erst hier frei entfalten.

Der freie Wille ist nicht der gute Wille

Wir stehen heute vor der derselben Realität wie damals Meister Eckehart: Es gibt das Schlechte in der Welt, auch weil der Wille frei ist und sich am Schlechten orientieren kann, obwohl der Mensch das vollkommen Gute zu denken in der Lage ist. Für Meister Eckehart liegt der Grund im Körperlichen und Materiellem, die das Geistige, die Vernunft verdrängen. Aber der höchste Eigennutz ist die Seligkeit, die Freiheit vom Leiden, die sich ereignet, wenn der menschliche Wille eins wird mit Gottes Willen und so das Schlechte keine Chance mehr hat, sich durchzusetzen. Alles Körperliche ist auch immer das Archaische, das der Askese im Wege steht. Da sich der Mensch bezüglich der Suche nach Gott nach innen wenden muss bei einer Abkehr von allem Äußerem, ist der ideale Weg zu Gott das Kloster. Wenn er die totale Selbstaufgabe meinte, um zum leeren Gefäß für die Gotteserfahrung zu werden, bedenkt er nicht, dass Konflikte sich nicht lösen, indem man etwas vollkommen eliminiert, sondern es integriert in ein höheres Ganzes wie den menschlichen Geist oder die Seele, die Gott erfährt. Das eigene Leben muss erhalten bleiben, wenn wir nicht untergehen und nicht krank werden wollen, denn der Mensch will sich entfalten entsprechend seiner Fähigkeiten und Interessen und zum Wohle der Gemeinschaft. Meister Eckehart geht es darum, konkrete Vorstellungen aufzugeben, die nicht erfüllt werden können und so nur Leid verursachen. Sich hier wieder für neue Möglichkeiten öffnen zu können ist die Erfahrung Gottes als Bewusstseinserweiterung. Gedankliche Engführungen sind die Ursache für Unglück.

Meister Eckehart: Predigten und Traktate. Zürich 1979

Moralischer Fortschritt

Ein neuer Diskurs über Werte im 21. Jahrhundert bei Aufklärung ist notwendig.

Angesichts der Herausforderungen durch Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel, Ressourcenverbrauch und Vermüllung im 21. Jahrhundert stellt sich die Frage neu, welche Werte universale Gültigkeit besitzen. Die Antworten können auch angesichts von Pandemien nicht im Nationalismus und Rassismus liegen. Auch die postmoderne Relativierung von Werten und Wahrheiten, die hier als reine Konstruktionen gesehen werden, versucht den Aufklärungsbedarf und -impuls zu unterminieren. Genau diese Aufklärungsnotwendigkeit muss aber unser zukünftiges Leben steuern, damit der Mensch sich nicht selbst ausrottet durch pure Unvernunft. Markus Gabriel spricht in seinem Buch Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten von moralischen Tatsachen, die man nicht bestreiten kann. Allein auf naturwissenschaftlich-technologischen Fortschritt zu bauen, ist gefährlich. Der Mensch ist aufgefordert, die Wahrheit zu suchen und entsprechend dieser teils auch wissenschaftlichen Wahrheiten zu handeln. Es ist absurd, Zusammenhänge wissenschaftlich zu entdecken und sie dann einfach zu ignorieren, weil diese Wahrheiten die Bequemlichkeit stören. Der derzeitige Innovationsstau wäre durch eindeutige Werthaltungen überwindbar.

Der Mensch hat Einfluss vor allem über Kooperation

Der Mensch ist noch lange nicht in der Lage, seine rationalen Fähigkeiten in Bezug auf Problemlösungen voll einzusetzen. Es bedarf eines einsichtsvollen Bewusstseins, das über Denken und Intuition erweitert werden muss. Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit müssen in den Vordergrund rücken, um ein lebenswertes Dasein zu erhalten. Über Ideologie, Propaganda und Manipulation ist keine Lösung zu erwarten, denn sie widersprechen den Wahrheiten, die universal gelten und damit auch jeden Menschen in die Verantwortung ziehen. Frank Schätzing erörtert in seinem Buch Was, wenn wir einfach die Welt retten? eine Reihe von Möglichkeiten des Engagements für die Umwelt für den Einzelnen. Wir können die Wirklichkeit erkennen und sollten diese Notwendigkeit mit allen Mitteln schützen gegen Konsumzwang und andere Fehlhaltungen. Die Ökonomie des neoliberalen Kapitalismus sowie des Kommunismus entspricht einer Marktlogik, die uns auf Dauer großen Schaden zufügen kann. Menschen wollen den Wohlstand und ihr Wohlergehen, die aber nicht von quantitativen Paradigmen ermöglicht werden. Moralischer Fortschritt ist immer auch ein qualitativer, der sich den naturwissenschaftlichen Messungen widersetzt. Hier bedarf es der rationalen Fähigkeiten zur Einsicht auch in eine Gesellschaft, die noch nicht durchweg als Gemeinschaft erkannt wurde. Entwicklungsländer dürfen nicht die Fehler der Industrialisierung wiederholen. Ohne eine globale Kooperation ist dieser moralische Fortschritt nicht möglich. Der Mensch muss auch schon in der Schule aufgeklärt werden über die Problematik unseres derzeitigen Lebens, das sich nicht in die Zukunft verlängern lässt. Ideologien sind Theorien, die nicht begründet sind und damit keinen Wahrheitsanspruch erheben können. Wir sind aufgefordert, diese falschen Haltungen zu korrigieren gegen Egozentrismus, der alles ausblendet, was der Verantwortung und der Rücksicht bedarf. Kooperation ist im Menschen angelegt und nicht die Konkurrenz, was Joachim Bauer in seinem Buch gegen das „egoistische Gen“ (Richard Dawkins) begründet.

Menschlichkeit und nachhaltiges Handeln – eine neue Aufklärung ist notwendig

Universale Werte haben eine Ontologie, die nicht bestritten werden darf. Wir brauchen eine neue Orientierung – auch wegen der vielen Erkrankungen – für ein gelingendes Leben und vor allem gegen jede Form der Degenerierung, wie sie auch in der zunehmenden Pädokriminalität ersichtlich ist und die nicht nur die Kirche erfasst hat, sondern auch die gesamte Gesellschaft. Rückschritte sind nicht zu dulden, sie weisen auf ein grundsätzliches Problem hin, dass auch zu wenig Bildung und gesunde Persönlichkeitsentwicklung stattfindet. Allgemein wird der Sexualität so viel Positives zugesprochen, was der Realität nicht entspricht. Glückseligkeit ist nur über ein Denken möglich, das sich objektiviert und Menschen befreit von falschen Glaubenssätzen, die ins Abseits führen. Heute noch von einem „pädagogischen Eros“ zu reden, legt die gesamte Misere offen. Wenn angesichts zunehmender Technisierung und Einsatzes von künstlicher Intelligenz der Mensch zurückfällt in archaische Vorstufen des Daseins, muss das als Warnsignal begriffen werden. Es ist nicht weit her mit der Bewusstseinserweiterung in Bezug auf eine Wirklichkeit, die wir erkennen müssen, um zu überleben. Meinungen benötigen der Begründung für ihren Wahrheitsgehalt und damit eben auch der Forschung. Der Mensch muss an sich arbeiten, damit er zu tieferen Erkenntnissen über diese Welt und die Natur kommt. Diese Arbeit bezieht sich auch auf das Selbst und auf die Selbsterkenntnis, die den Weg ebnen  in eine positive Zukunft über eine geistige Evolution des Bewusstseins für mehr Menschlichkeit. Dem einzelnen Menschen muss auch mehr Raum gegeben werden für ein Nachdenken und nachhaltiges Handeln. Ethik im 21. Jahrhundert ist eine hoch komplexe Angelegenheit, die sich nicht mehr durch althergebrachte Theorien legitimiert. Aber gerade diese moderne Ethik ist eine Herausforderung an unsere Vernunft  und sicher nie abgeschlossen, wenn mentaler Fortschritt die Regression unmöglich machen soll.

Markus Gabriel: Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten. Universale Werte für das 21. Jahrhundert. Berlin 2020 3. Auflage

Frank Schätzing: Was, wenn wir einfach die Welt retten? Handeln in der Klimakrise. Köln 2021 1.Auflage

Joachim Bauer: Prinzip Menschlichkeit. Warum wir von Natur aus kooperieren. Hamburg 2007 3. Auflage

Zuversicht

Wie kommt es, dass manche Menschen Optimisten sind und andere Pessimisten? Es scheint daran zu liegen, dass Optimisten begriffen haben, wie das Belohnungszentrum aktiv wird, wenn  man positiv denkt. Das Leben der ersteren ist erheblich leichter und erfüllter als das der Pessimisten. Optimismus ist aber kein Geheimnis, sondern kann von jedem durch Übung erlernt werden. Hintergrund ist die Plastizität des Gehirns, auf die ich Einfluss habe, indem ich handle durch ein Denken und ein Tätigsein. Auch Denken ist ein Handeln vor allem dann, wenn es verbalen – auch in einer Therapie – oder schriftlichen Ausdruck findet. Elaine Fox bestreitet die Macht des Denkens in ihrem Buch In jedem steckt ein Optimist. Reines positives Denken könne die Verschaltungen im Gehirn nicht verändern. Dem muss widersprochen werden, denn wer positiv denkt, entwickelt Zuversicht und Hoffnung und engagiert sich. Pessimismus macht nicht viel Sinn, weil der Mensch sich hier auch ohnmächtig fühlt. Seine Handlungskompetenz wird so eingeschränkt, Ängste gewinnen die Oberhand und lähmen. Affirmative Rückkopplungen aber aktivieren den Präfrontalcortex, der für die Kontrolle der Emotionen zuständig ist und Ordnung im System Gehirn schafft. Ich bin aber nicht mein Gehirn, sondern der Geist weist immer auch über materielle Strukturen hinaus und kann so die neuronalen Verschaltungen verändern. Wäre ich identisch mit meinem Gehirn, gäbe es keine Bewegung und keinen Wandel. Ich kann also entscheiden, welche Areale aktiviert werden und sich damit neuronal vergrößern bzw. verstärken über eine Zunahme der Neuronendichte. Die Angst korreliert mit der Amygdala. Wenn ich mich fürchte, vergrößert sich dieses Areal und es wird schwer, die Angst im Zaum zu halten. Über positives Denken aktiviere ich den Präfrontalcortex, der auch über die Vernunft zu positiven Lösungen kommt. Viele Probleme sind selbst gemacht und können jederzeit durch Therapie, Meditation sowie durch Kontemplation, die die Aktion vorbereitet, überwunden werden.

Alles eine Frage des Bewusstseins

Selbst kranke Menschen entwickeln manchmal ein sehr positives Denken und werden zu Optimisten, weil sie sich nicht passiv in  ihr Schicksal ergeben, sondern die Dinge in Angriff nehmen, die sie noch tun können, um so zunächst das eigene Selbst zu stützen und sich auch für andere einzusetzen. Optimismus beruht auch auf einer Willenskraft, die mobilisiert werden kann, um ein gelungenes Leben zu führen. Letztlich ist es ein Bewusstsein in Bezug auf die Zusammenhänge zwischen Handeln und Gehirnstruktur. Dieses Wissen ermöglicht eine Energie, die eben nicht nur die Einstellung verändert, sondern auch das neuronale System. Negative Gedanken entstehen dann, wenn ich meinen schlechten Erfahrungen nichts entgegensetze. Die Gene sind nicht für die Inhalte meines Denkens verantwortlich, denn wir wissen, dass die Epigenetik sehr wohl auch auf das Denken reagiert und nicht nur auf das Umfeld, auf das wir nicht immer Einfluss haben. Inwiefern sich Gene ein- oder ausschalten, liegt an meiner Einstellung zum Leben. Ich muss eine Achtsamkeit mir selbst gegenüber entwickeln, um auch achtsamer mit der Außenwelt umgehen zu können. Was ich für mich selber tue, das gönne ich auch anderen. Ich habe eben auch Einfluss auf das mich umgebende Umfeld. Optimismus kann anstecken. Pessimismus lässt wenig Spielraum für die eigene Entfaltung, die aber unabdingbar ist, wenn man Gesundheit anstrebt. Die Selbstaufgabe kann nicht das Ziel sein, denn wir brauchen die Potenzialentwicklung, um die Kultur zu befördern.

Die Macht des Selbsts

Wenn ich der eigene Designer meines Gehirns bin, erlebe ich Freiheit auch von all den negativen Erfahrungen, die sich ins Gehirn eingegraben haben. Das muss so nicht bleiben. Halt kann ich mir erarbeiten, indem ich mich durchsetze mit einer positiven Einstellung gegen den Fatalismus. Das Gehirn ist einzigartig und das Resultat unseres Verhaltens im Denken und Handeln. Dieses Bewusstsein über die prinzipielle Formbarkeit des Gehirn ist schon Optimismus, denn keiner muss sich mit einer unerträglichen Situation abfinden. Letztlich ist es auch die Disziplin, die das Selbst befördert, um seine Ziele zu erreichen. Erfolg und Glück haben primär nichts mit Materialität zu tun, sondern entstehen durch hohe Selbstorganisation und der Einsicht in die Selbstwirksamkeit. Ohne eine gewisse Routine geht es nicht. Mit einer Sache anzufangen und sie durchzuhalten ist mit einer Modifikation des Gehirns verbunden. Dasselbe gilt für das Denken. Oft wird auch bestritten, dass das Lesen von Büchern nichts verändern kann. Lesen setzt immer auch einen Denkprozess in Gang und eröffnet somit neue Chancen. Wodurch ich auch immer geprägt wurde, ich kann mich selbst zu dem machen, der ich sein will. Dafür muss ich einfach überzeugt sein. Zweifel sind kontraproduktiv und schwächen das gesamte System, das ja den Fortschritt braucht und anstrebt für die Realisierung für mehr Gesundheit. Ich muss nicht alles können, sondern das. was ich mir vorgenommen habe zu werden. Das hat nichts mit Eigen- oder Ichsucht zu tun, sondern mit der Erkenntnis über unser Gehirn, das das Negative eher meidet und sich vor schlechten Erfahrungen zu schützen versucht. Es geht hier nicht um einen blinden Optimismus. Vielmehr gibt es viele gute Gründe, optimistisch zu reagieren, weil ich weiß, welche Macht mein Bewusstsein hat, wenn Selbstwerdung gelingt. Optimismus sind wir uns gegenseitig schuldig. Vieles wird gut, wenn ich daran glaube und mich nicht verunsichern lasse durch den ewigen Zweifel, der meine Pläne unterminiert.

Elaine Fox: In jedem steckt ein Optimist. München 2012  1. Auflage.

Das reine Sein gegen die schwierige Vergangenheit

Caroline Makovec befasst sich in ihrem Buch Befreie Dich von den Fesseln der Vergangenheit vor allem mit dem Problem der Verletzungen in der Kindheit, die zu einer Dysfunktionalität und zu Krankheitssymptomen führen können, wenn Authentizität, Selbstliebe und Bewusstwerdung nicht gelingen. Nicht jeder Mensch ist das geworden, was er sich ursprünglich vorgestellt hat, weil er aufgrund seiner Hochsensibilität es vorwiegend anderen recht gemacht hat und nun nicht zu sich selbst kommt ohne Schuldgefühle zu entwickeln. Sie orientieren sich zu stark in der Außenwelt und vernachlässigen ihre Innenwelt, wenn sie in frühen Jahren nicht als sie selbst anerkannt wurden. Ablehnung und Abwertung führen dann zu extremer Anpassung an das Uneigentliche und damit zur Selbstentfremdung, die Symptome ausbildet, die die Lebensqualität und Gesundheit einschränken. In einer Therapie der zunehmenden Bewusstwerdung schildert Caroline Makovec anhand von Fallbeispielen und Übungen den Prozess der Befreiung von falschen Glaubenssätzen, die tief im Unbewussten gespeichert sind und ihr Unwesen treiben. Sie orientiert sich an dem Gedankengut des Tao Te King von Laotse. Hier geht es um das reine Sein als Ausdruck von höchster Weisheit gegen ein Getriebensein im Alltagsverstand, der oft genug negativ determiniert ist und determiniert.

Die entscheidende Rolle der Intuition

Die Intuition ist vorwiegend weiblich konnotiert und beschreibt das Gefühl und die innere Stimme, die sich von den Gedanken des Verstandes unterscheidet. Sie ist nicht rational, sondern positiv emotional, ohne rein subjektiv zu sein. Ihre Objektivität erhält sie durch die Empathie und einer Verbundenheit mit anderen bei Erkenntnis ihrer Seelenlagen. Dieses Einfühlungsvermögen ist objektiv und eine eigene Erkenntnismöglichkeit neben den Verstandesleistungen, die oft nur bewerten und urteilen. Die Intuition lässt zu, ohne dem anderen zu nahe zu treten, sie vermittelt Verständnis und ermöglicht auch einen intensiven Zugang zum eigenen Selbst für ein gesünderes Leben und vor allem für die Möglichkeit von Heilung im Loslassen. Verletzungen in der Kindheit prägen das Ich und erschüttern nicht selten das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein. Den eigenen Wert macht der Verletzte von anderen oft symbiotisch abhängig und kommt nicht zu sich selbst und einer Erfüllung seines eigentlichen Ichs, das in der Intuition immer schon weiß, was gut ist und was die Expression des Ichs behindert. Es geht hier nicht um Egoismus oder Narzissmus, sondern um Entfaltung des eigenen Potenzials, ohne sich zu vergleichen. Therapie ist bestenfalls Bewusstseinsarbeit und ist in der Lage, die falschen Entscheidungen und Weichenstellungen im Leben zu korrigieren. Krankheit kann als Ausdruck einer Verkümmerung dieses Potenzials verstanden werden. Das Buch von Caroline Makovec versucht, das Leben wieder auf eine wahrhaftigere Basis zu stellen, von der aus der Mensch wieder wachsen kann. Was wächst, wird gesund durch die Veränderung hin zu einem echten Leben in Weisheit bzw. Wissen um sich selbst und seine Verbundenheit.

Unbegrenztes mentales Wachstum

Die Entwicklungsprozesse sind nie abgeschlossen und weisen noch über den Tod hinaus, wenn man die Unsterblichkeit der Seele annimmt. So ist es Aufgabe, Weg und Ziel, das eigene Selbst authentisch zu erfassen und in Kreativität zu stabilisieren. Die Momente der stillen Besinnung bzw. der Kontemplation sind dafür notwendig, damit sich die leise innere Stimme gegen das Getöse in der Außenwelt Gehör verschaffen kann. Glück tritt ein, wenn sich das Innerste entfalten kann im Denken und im Handeln auch im Sinne eines Flow durch die energetischen Transformationsprozesse, die ihr neurophysiologisches Korrelat entwickeln. Aufgrund der Neuroplastizität des Gehirns können Traumata durch Identität, Authentizität und Selbstliebe überschrieben werden. Bewusstseinserweiterung geschieht durch eine Erreichung der Ganzheitlichkeit, die sich auf Körper, Geist und Seele bezieht und eine prinzipielle Offenheit für das, was ist, ermöglicht. Ohne die Energie des Hier und Jetzt findet keine Heilung statt. Jeder Bewusstseinsmoment zählt und wird intrinsisch genährt gegen Fremdbestimmung und Manipulation, die das Selbst verzerren und verunstalten können. Unglück und Krankheit sind die Folgen. Das Buch vermittelt die Zuversicht, dass durch Bewusstseinsübungen und Erinnerungen an die positiven Erfahrungen auch in der Kindheit Probleme gelöst werden können, die zur Unterdrückung  des eigenen Lebens geführt haben. Sensible Menschen verlieren nicht selten den Kontakt zu sich selbst, weil sie zu viel von der Außenwelt erwarten und hier zu starken Einflüssen ausgesetzt sind. Davon darf sich der Mensch nicht abhängig machen, er trägt die Lösung und die Antwort in sich selbst und darf das Gespür für diese Innerlichkeit nicht verlieren, damit die Außenwelt nicht zu einer Überforderung wird.

Wer sich also auf den Weg machen möchte mit Laotse und Caroline Makovec, der macht mit diesem Buch einen Anfang für ein selbstbestimmteres Leben in Zufriedenheit. und Freiheit.

Caroline Makovec: Befreie Dich von den Fesseln der Vergangenheit. Dielus-Verlag Leipzig 2021

Die wahren Gründe für die Unterschiede der Geschlechter

Die ZEIT hat in ihrer Ausgabe 008/2021 den großen Unterschied zwischen Mann und Frau thematisiert und peinlicherweise den Mann als das schwächere Geschlecht bezeichnet. Die Tatsachen liegen aber ganz anders

Warum Männer früher sterben und insgesamt ungesünder leben, liegt an ihrer Sturheit, an ihrer Uneinsichtigkeit und an ihrer Ignoranz, letztlich auch an ihrer Besserwisserei. Geht es um den Streit zwischen den Geschlechtern, will ein Mann nicht nachgeben, will seine Machtposition bis zum Letzten erhalten – sogar bis zur krankmachenden Erstarrung. Es gibt kein Einlassen auf den Prozess der Verständigung, weil hier die eigene Position zur Disposition steht und das darf nicht sein. Frauen stellen sehr viel in Frage und sind kommunikationsstarke Vertreterin der befreienden Auseinandersetzung. Frauen lesen zwischen den Zeilen und blicken hinter die Fassaden, was vielen und vor allem Männer gar nicht gefällt. Das Blendertum ist keine weibliche Domäne. Frauen lassen sich ein und sind viel zu bereit, Zugeständnisse zu machen, die dann auch nur mit Füßen getreten werden. Männer verstecken sich hinter der Fassade von Geld und Prestige, Frauen geht es eher um die Sache an sich. Sie wollen Probleme beheben und Klarheit schaffen für bessere Lebensverhältnisse. Sie wissen, dass man dafür die Verständigung braucht. Es ist eben  nicht nur die Mitteilung, sondern auch die symmetrische Kommunikation zwischen Wahlbeteiligten, die aber nur mit einer hohen Intuition wirklich möglich ist. Die Grundintention muss verstanden werden. Da helfen keine Zitate und keine Heranziehung der Gedanken anderer, da geht es eben ans Eingemachte, das viele Männer scheuen und lieber ihre anstrengende Fassade und oft auch ihr falsches Selbstbild durchhalten, weil sie auch hierauf trainiert worden sind. Das ist weder gesund noch bringt es Entwicklung ins System, aber es wird insistiert. Männer sterben früher, weil sie prinzipiell kein gutes Verhältnis zur Wahrheit haben – weder in Bezug auf sich selbst noch  in Bezug auf andere, die unter den massiven Verunstaltungen sehr leiden. Meistens sind das eben Frauen, denen man so vieles abspricht und die doch so viel beitragen müssen für eine heilere und gerechtere Welt.  Das Wahlrecht haben Sie noch nicht lange und ihre Vermögen sind noch lange nicht integriert.  Sie werden immer noch in die aufopfernde Rolle hineinmanövriert und nur so akzeptiert oder sie passen ihr Denken an das des Mannes an und verspielen ihre Chance auf Veränderung. Sie wagen in intellektuellen Positionen nicht den Kontrapunkt und machen eben mit, um anerkannt zu werden – insbesondere von Männern, denen es in erster Linie um den Machterhalt geht. Letztlich insistieren Frauen auf der Aufgabe von reinen Außenansichten, die oft ins Verderben führen oder eben in die Krankheit. Dinge nicht zu durchdringen verletzt die Lebensgrundlagen. Und auch der Fake ist typisch männlich.

Natürlichkeit ist weiblich

Männer besiedeln eher the dark side of the moon. Daran sind sie allerdings selber schuld, denn sie lehnen oft jedes Ansinnen ab, Licht ins Dunkel zu bringen und Zusammenhänge zu erklären, die wir verstehen müssen, um allgemein mehr Bewusstsein zu entwickeln für das, was uns heilt und was uns krank macht und auch für das, was wir nicht leisten können.  Die Virulenz ist hoch und sie wird in erster Linie von Männern konstituiert. Frauen verkriechen sich oft in  Nischen, um dem zu entkommen und ihr Seelenheil nicht aufs Spiel zu setzen. Vorsicht ist immer geboten, wo männerdominierte Bereiche wirksam sind. Hier fehlt oft ganz die Intuition und die Synthese und bleibt einseitig und unbeweglich in dogmatischer Verharrung. Herzinfarkte und andere fehlgeleitete Wachstumsprozesse sind hier die Folge, weil alles aus dem Fluss gerät und die Landschaft vereist. Unter solchen Bedingungen können Frauen sich nicht entwickeln und auch Männer erleiden durch ihre eigenen Haltungen schwere Erkrankungen. Es fällt ihnen schwer, einmal Erreichtes eventuell wieder aufzugeben für etwas Neues und Veränderndes. Sie suchen den Mangel in erster Linie aber bei der Frau und nicht bei sich selbst. Oft wird das Natürlichste von der Welt – nämlich der Dialog – verhindert und alle Missverständnisse und Vorurteile dieser Welt erhalten Einzug, gegen die man dann auch wirklich machtlos wird. Man muss sogar so weit gehen und behaupten, Männer seien gar keine wahren Demokraten, sondern wollen die Vorherrschaft und die Bevormundung gegen alle Reden und Bemühungen um Gleichberechtigung, die natürlich immer auch die Erklärungen eines Menschen berücksichtigt und respektiert und sich nicht besserwisserisch über alles hinwegsetzt, was erkannt wurde. Hier fackeln die gesunden Menschen auch nicht lange, sondern gehen ihren Weg und lassen sich keine Vorschriften machen, wenn es um ihre oft auch noch begründeten Entscheidungen geht. Darin sind wir frei und müssen auch frei bleiben, denn sonst geraten wir in ungesunde Zwänge und in enormes Unbehagen, das schnell zur Krankheit mutieren kann, wenn hier von außen eingegriffen und manipuliert wird.

Gegen das Desaster

Die Schwäche des Mannes bezieht sich darauf, dass die Ermächtigungen oft gegen Frauen durchgehalten werden, anstatt mit ihr gemeinsam zu kämpfen für mehr allgemeinen Durchblick. Dafür braucht der Mann die Frau und nicht in erster Linie für die Befriedigung von Trieben. Leider sieht die Realität aber anders aus. Kaum ein Mann sucht eine Frau, um besser durchzublicken. Da kann man als Frau lange suchen und bleibt dann doch besser allein, denn die reine Instrumentalisierung ist ein Schaden für die Seele und den Geist. Vieles läuft subtil und offensichtlich auf Unterwerfung hinaus, weil der Mann sich nicht auf dieselbe Ebene begeben will, um gemeinsam einen Weg in eine bessere Zukunft zu finden. Hier müssen die äußeren Fassaden fallen und der Mensch ganz Mensch werden für eine Begegnung, die neue Möglichkeiten eröffnet und die geschlagenen Wunden heilt.  Freud behauptete, dass der Mensch im tiefsten Wesen nur Sexualität will und hiermit seien die Probleme gelöst.  Die Realität  spricht eine andere Sprache, denn Sexualität kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die seelische und geistige Nähe oft fehlt und die Beziehungen eben nicht halten. Wahre Bindung ist über diesen Weg nicht möglich. Aber auch das ist letztlich ja eine männliche These, die Frauen nicht klaglos hinnehmen sollten. Wo keine seelische und geistige Nähe besteht, wird vor allem die Frau unterworfen. Und letztlich ist es immer noch so, dass Frauen, die viel lesen und denken, als gefährlich eingestuft werden, wenn sie die Rolle der Anpassung verlassen und für mehr Wahrhaftigkeit kämpfen und um ihre Rechte und Einsichten, auch um die vielen zerstörerischen Blockaden und Determinierungen zu beseitigen, die das Leben so beschweren. Und Intellektualität impliziert auch immer die Freiheit, sich für oder gegen etwas zu entscheiden. Hier kann keine höhere Instanz wirksam werden wollen, denn auch das ist Entmündigung. Kranke, Behinderte und Frauen werden eben immer noch entmündigt – mehr oder weniger offensichtlich. Das sind keine modernen Zeiten, sondern wirkende Relikte aus einer vergangenen Zeit. Der freie Wille eines jeden Menschen wird nicht garantiert, auch das ist eine männliche Variante unseres derzeitigen Daseins und schon lange nicht mehr akzeptabel. Für jeden Menschen gilt, den freien Willen zu erkunden und ihn, solange er nicht kriminell ist, auch zu unterstützen und Menschen nicht zusätzlich zu schwächen. Das männliche Prinzip der Unterdrückung ist historisch belegt und muss nicht weiter begründet werden. Die Methoden und Maßnahmen sind weiterhin wirksam – mehr oder weniger offensichtlich. Bindungen sind emotional und wo sie nicht vorhanden sind, kann man sie durch keine Tricks und keine Korruption erzwingen. Auch das ist ein gefährdender männlicher Zug, der das natürliche Gleichgewicht zerstört und aus dem Leben ein einziges Desaster machen kann.  Natürlich kann man alles Macht- und Imponiergehabe als Schwäche bezeichnen. Aber damit sitzen Frauen trotzdem am kürzeren Hebel.

Die Bibliothek ist ein Ort des Durchblicks

Die Bedeutung bzw. Wirkung von Büchern wurde oft informell bestritten, ihr Ende sogar prophezeit. Bücher werden aber angesichts einer komplexer werdenden Welt immer wichtiger. Wer die Zeichen der Zeit richtig versteht, der suche eine Bibliothek auf und bilde sich eine eigene Meinung

Die Anfänge der Bibliothek gehen auf die Ägypter zurück und deren Aufzeichnungen auf Papyrusrollen 1866 v. Chr.. Das Wort Bibliothek stammt allerdings aus dem Griechischen und umfasste die Schriften der Zeit für die gebildete Elite.  Im Mittelalter waren es vor allem die Klöster, die handschriftlich Texte verfassten und reproduzierten in erster Linie für den Klerus. Der Buchdruck von 1440 sowie die Erfindung der Papiermaschine von 1799 und die Übersetzungen  machten Bücher für die Öffentlichkeit zugänglich. Bibliotheken erfassen, erhalten und veröffentlichen auch ein kulturelles Erbe und waren oft Ziel der Zerstörung. Deshalb werden heute viele wichtige Dokumente im stillgelegten Barbarastollen aufbewahrt für die Nachwelt. Die Erzeugnisse einer Kultur sind heute für jeden zugänglich und einsehbar auch unabhängig von irgendwelchen institutionellen Ausbildungen. Diese prinzipielle Zugänglichkeit beinhaltet die uneingeschränkte Möglichkeit, sich Bildung anzueignen ohne großen Kostenaufwand. Voraussetzung hier ist eine hohe intrinsische Motivation, sich ohne weiteren Zwang einen Eindruck zu verschaffen in die Produkte des Geistes. Jeder ist hier seiner Bildung Schmied und hat es in der Hand, wie weit er sich informieren und wie tief er in die Materie einsteigen möchte auch über Fachzeitschriften. Die Bibliotheken bieten auch hier ihre Hilfe an, um die Recherchen intensivieren zu können. Prinzipiell wird zwischen wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken unterschieden.

Bibliotheken haben therapeutische Wirkungen

Das Lesen wurde oft als etwas verschrien, das nichts bewirken könne außer eben Wissen zu vermitteln. Aber das Lesen von Büchern bewirkt sehr viel in den Rezipienten. Wer sich nicht gut fühlt, sollte sich in einen der Lesesäle begeben und sich dort auf ein Buch oder seine geistige Arbeit konzentrieren. Nach einer halben Stunde ist er an diesem Ort vollständig angekommen und spürt die geistigen Synergien in diesem Raum der Konzentration. Nach ein paar Stunden Aufenthalt ist der Besucher ein anderer durch die kontemplativen Schwingungen, die seinen Geist erfasst und modifiziert haben. Er wird den Rest des Tages aufgebaut und glücklich sein im Bewusstsein, dass sein Geist sich  in einer höheren Sphäre bewegt. Insofern kann man einen längeren Aufenthalt in einer Bibliothek immer auch als eine Art Therapie betrachten, die von den Alltagsproblemen ablöst und sie relativiert. Die bleiben draußen. Der Mensch wird eins mit dem Geschriebenem und Gedachtem und so befreit von der Enge des eigenen beschränkten Bewusstseins. Viele Schriftsteller arbeiten auch deshalb in einer Bibliothek, weil hier eine Konzentration möglich ist, die sich durch die Konzentration der Mitbesucher steigert und somit die Kreativität befördert. Wer eine Arbeit zügig erledigen will, tue dies in einer Bibliothek und nicht zu Hause.

Für eine Promotion ist es nie zu spät

Rosemarie Achenbach hat mit 94 Jahren über den Tod promoviert und freut sich noch mit 96 Jahren über ihre Autonomie. Sie organisiert ihr Leben rundum selbst, ist nicht auf Hilfe angewiesen. Sie hat nicht aufgegeben, ihren Traum vom Leben zu erfüllen, obwohl man es ihr schwer gemacht hat. Dieses Nichtaufgeben geistiger Arbeit und mentaler Anstrengung ist auch die Voraussetzung für lange Gesundheit und Beweglichkeit in Kombination mit gesunder Lebensführung. Die Bibliothek ermöglicht auch die Informationen mittels Datenbanken über themenrelevante Veröffentlichungen für die jeweilige wissenschaftliche Arbeit, die sich mit dem Denken anderer Wissenschaftler auseinandersetzt. Diese Suche beginnt auch mit dem Literaturverzeichnis von Fachbüchern und Aufsätzen unter den dafür eingerichteten Suchoptionen, die tiefer in die Materie einführen. Die Komplexität der Recherchen kann auch durch die Angestellten der Bibliothek erleichtert werden. Sie geben gerne Auskunft. Letztlich geht es aber um die selbständige Erarbeitung eines Themas, für das ein großes eigenes Interesse besteht mit der Möglichkeit, einen Doktorgrad zu erwerben und somit einen Beitrag zu leisten für den wissenschaftlichen Diskurs. Jeder neue Beitrag ist eine Bereicherung und eröffnet einen neuen Blickwinkel durch die Individualität des jeweiligen Menschen. Jeder sollte die Möglichkeit erhalten, sich frei und selbstbestimmt einer solchen Herausforderung zu stellen. Das intensive Bearbeiten eines Themas im Rahmen einer Bibliothek verleiht Flügel und führt in den berühmten Elfenbeinturm aller geistigen Ambitionen. Dafür sollte man die Stimmung und die Atmosphäre einer Bibliothek nutzen. Auch wer sich umfassende Kenntnisse über den Rest der Welt und andere Kulturen verschaffen möchte, kann dies über das Sprachenlernen und schriftliche sowie bildliche Dokumentationen erreichen. Man kann  auch Grenzen überwinden, ohne zu verreisen.

Bücher steigern die Komplexität und den Durchblick und damit die Veränderung

Bücher verändern das Bewusstsein und beinhalten ein hohes Potenzial der Selbstorganisation und Selbstfindung für ein gelingendes Leben. Die Erreichung einer  Komplexität durch Lesen erhöht die Chance auf eine geistige Beweglichkeit, die sowohl im Privaten wie im Beruflichen einsetzbar ist. Wer also mal Schwierigkeiten auf dem einen oder anderen Gebiet hat, der suche eine Bibliothek auf und organisiere sich neu.  In dieser Atmosphäre der Gleichheit gibt es keine sozialen Unterschiede, denn der freie Erwerb von Wissen unterliegt keinen Restriktionen. Der Staat finanziert Weiterbildungen oft nicht. Aber wer sich selbständig Wissen und geistige Kompetenzen aneignet, der hat auch durch die damit verbundene Überzeugungskraft wieder neue Chancen. Der Mensch hat hier die Möglichkeit, mit vielen anderen in einen virtuellen Kontakt zu treten und durch diese Kontakte zu profitieren in ganz persönlicher Hinsicht bis hin zu Erreichung von kleinen mentalen Emergenzen (neue Zustände mit neuen Erkenntnissen auch für die eigene Transformation) für mehr Durchblick und Urteilsvermögen, die auch insgesamt die Gesundheit befördern. Das gilt für Bücher allgemein und potenziert sich über die freie Verfügbarkeit in einer Bibliothek, die über jede private Bibliothek hinausweist  in den Bereich der unbegrenzten Möglichkeiten. Eine gute Bibliothek sollte immer auch zusätzlich eine Möglichkeit der Begegnung schaffen durch eine Cafeteria, denn Besucher von Bibliotheken haben viel Gemeinsames und möchten sich auch austauschen, was in den Lesesälen nicht so möglich ist. Hier verständigt man sich vorwiegend mit Blicken. Sie ist ein Ort interessanter Begegnungen von Wissenschaftlern, Autoren und Studenten aller Altersgruppen. Selbstständige Weiterbildungen durch und in einer Bibliothek sollten unbedingt anerkannt werden, auch wenn am Ende kein Zertifikat steht. Selbstständigkeit wird noch viel zu wenig honoriert und das ist ein Mangel in der Kultur. Wer viel liest, hat einen weiten Horizont und lässt sich nicht indoktrinieren. Der mündige Bürger liest Bücher und bildet sich eine eigene Meinung. Die Meinungsbildung sollte man nicht allein den vermittelnden Medien überlassen, weil hier vertieftes und unmittelbares Wissen oft nicht möglich ist. Es geht aber nicht nur um die eigene Kultur, sondern auch um die geistigen Erzeugnisse anderer Kulturen, die wir begreifen und  integrieren müssen.

Geistige Bereicherung, die sich auch materialisieren lässt

„In Bibliotheken fühlt man sich wie in der Gegenwart eines großen Kapitals, das geräuschlos unberechenbare Zinsen spendet.“ Dies Johann Wolfgang von Goethe zugeschriebene Zitat erklärt den Tatbestand der geistigen Bereicherung, die nachhaltig und zugleich eine Investition in die Zukunft ist. Niemand kann sich hier ausgeschlossen fühlen vom kulturellen Diskurs seiner Zeit, denn Bibliotheken sind auf dem neuesten Stand und der Nutzer kann auch seine Anschaffungswünsche äußern, sollte ein Buch nicht vorhanden sein. Und wer sein eigenes Buch für die Nachwelt erhalten wissen will, der bietet es eben den großen Bibliotheken an. Auch die digitale Nutzung der Bibliothek als Sammlung elektronischer Medien spielt im Kontext der Digitalisierung eine entscheidende Rolle, wenn auch das gebundene Buch immer noch ein haptisches Vergnügen bleibt und sich hoffentlich nie ganz überholt. Es ist nicht übertrieben, Bibliotheken als wahre Heilanstalten zu bezeichnen, denn es ist immer auch der Kontakt mit der Welt und ihrem kulturellen Erbe des Erhabenen gegen eine allzu profane und materielle Welt der Notwendigkeiten. In diese geistige Welt einzutauchen ist ein Abenteuer, denn man verlässt den Lesesaal anders, als man in betreten hat.  Das hat sich herumgesprochen und die Lesesäle sind heute sehr gut besucht auch wegen der Mitnahmemöglichkeit der eigenen Computer für Abschlussarbeiten an den Universitäten und für private Kreativerzeugnisse. Wer sich also aufbauen will, der verlasse seine Wohnung und begebe sich an diese atmosphärischen Orte des Denkens und der Wissensaneignung.

Bild: Staatsbibliothek München