Mindethik

Es sollte tägliches Programm sein, sich zu fragen, ob man ein Leben führt, das so verträglich ist, dass man ein gutes Gewissen haben kann. Niemanden zu schädigen ist dabei oberstes Gebot. Darüber hinaus sollte auch die Natur bedacht werden und alles, was in ihr lebt. Wie verhalte ich mich dem gegenüber? Welche Rechte nehme ich mir heraus, wo blende ich konsequent die Folgen meines Handelns aus (indem ich beispielsweise die Umwelt schädige). Wo lebe ich in Unfrieden mit einem anderen Menschen? Das alles sind Belastungen, denen wir uns aussetzen, die viel Energie verbrauchen, aber keine zurückgeben. Solche Ausbeutungen kann sich auf Dauer keiner leisten.

Deshalb ist es wichtig, jeden Tag einen Einklang mit anderen und der Welt/Natur um uns herum herzustellen. Damit schaffen wir mehr Bewusstsein für die kosmischen Energien, die harmonisch auf uns einwirken, um uns das Leben zu erleichtern. Glück und Freiheit sind nicht einfach da, man muss sie sich erarbeiten. Wenn wir verletzt wurden oder selber verletzen, determiniert uns das sehr stark und wir blockieren so viel Energie, die aber für die Harmonisierung des Umfeldes und für die Heilung gebraucht wird. Durch tägliche Bewussstseinsarbeit, Meditation und Überwindung egoistischer Motive (Askese- auch wegen der Zunahme an seelischer Energie) gewinnen wir den Freiraum, der uns heilt und uns auch in Verbindung bringt mit den Kräften der Natur und mit Gott. Werden wir also achtsamer und bedenken, dass positive Emotionen in ein Flow führen, durch das wir kreativ und produktiv werden und uns so aus der Enge in die Weite arbeiten, in der uns alles in einem besonderen Glanz erscheint. Solche Erfahrungen sind spirituell und verändern unser Leben nachhaltig. Verzeihung und Versöhnung werden möglich gegen Verhärtung und Verzweiflung.

Wir leben nicht geist- und gehirngerecht. Der Geist und das Gehirn wollen sich lebenslang entwickeln. Dieses Potenzial darf nicht behindert werden, es entstehen sonst (mentale) Krankheiten. Potenzialentfaltung ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, der wir uns bewusst werden müssen. Entwickeln wir unsere Fähigkeiten voll, bereichern wir dadurch die Gesellschaft. Das wusste schon Goethe im 18. Jahrhundert. Hoch Individualisierte helfen anderen bei deren Individualisierung, um das Zusammenleben komplexer und intensiver zu gestalten. Wer sein Potenzial entfaltet hat, wird kein Schädiger, er verhält sich rücksichtsvoll allen Ressourcen gegenüber, die sein Leben sichern und schützen. Nur der Nichtentfaltete, Ausgebeutete beutet dann eben auch andere und die Natur aus. Ein kranker virulenter Kreislauf.

Die Mindethik befasst sich mit den mentalen Bewusstseinsleistungen, die wir kultivieren müssen, um die Gesundheit zu erhalten und das Miteinander erträglicher zu gestalten. Sie hilft auch bei der Abrenzung von Unerträglichem, das wir nicht integrieren können oder wollen, weil es den eigenen Werten widerspricht. Hier hilft aber der Diskurs, der ja nicht immer in einem Konsens mündet, sondern eben auch zu einer Trennung führen kann. Überfordern wir uns also nicht. Den seligen Einheitsbrei gibt es nicht und manchmal hat man mit jemandem etwas zu bereinigen, zu lösen auch gerade im Hinblick auf den Glauben. Wahrer Glaube führt ja nicht in die Erhabenheit, sondern zu tiefer Demut bezüglich unseres Nichtwissens.

Wir haben mehr Einfluss auf unseren Organismus und auf mentale Leistungen, als uns bewusst ist. In der Yogalehre der Veden wird dieser Einfluss thematisiert. Wir sind die Gestalter unserer Verfassungen, wir können unsere Stimmungen beeinflussen und regulieren. Hier unterliegen wir keiner Determination. Wer die Einsicht in diese Freiheit gewonnen hat, der kann sich selbst heilen von den schlimmsten Verletzungen und Schädigungen. Er wird autonom und Herr über sich selbst. Das wird oft bestritten von materialen Reduktionisten. Wer aber den freien Willen bestreitet, der negiert den Menschen als Gottes Schöpfung. Wir können uns sogar gegen uns selbst entscheiden (ob das sinnvoll ist, ist eine andere Frage). Wenn wir frei werden wollen von negativen Erfahrungen, können wir Gott erkennen und uns dem Licht zuwenden, das aus der Verzweiflung herausführt. Nicht alles macht deswegen Sinn, aber wir können unseren Weg weitergehen.