Denken ist nicht nur rational, sondern auch emotional und hat auch hier seine Gründe. Rationalität schützt nicht vor Fehlern und kann deswegen auch schlichtweg in die Irre führen. Das hören wir nicht so gern, ist aber leider ein Faktum. Manch einer bildet sich viel auf seine Rationalität ein und zitiert gerne Denker, die die Vernunft der Natur gegenüberstellen, als käme von hier das Übel. Wer sich ein wenig mit Ethnologie befasst hat, weiß, dass diese These falsch ist. Aber Thomas Hobbes wird immer wieder und gerne zitiert vor allem von Männern, denen natürliche Ordnungen oft fremd sind, weil sie die Bedingungen dafür einfach nicht erfüllen. Der Mensch soll im Naturzustand des Menschen Wolf sein. Das sagt ein Mann wohl über Männer, für die das auch oft genug gilt. Kritisiert man als Frau einen Mann gegenüber einem Mann, so wird dies misogyn als Fehlhaltung interpretiert, ja gar als Ausdruck einer Krankheit. Somit wäre dann geklärt, dass der rationale Mann natürlich immer richtig liegt und die vermeintlich moralisch minderwertige (weil nicht rein rational) Frau falsch. Die Frau hat aber gegenüber dem Mann den Vorteil, Sachverhalte und Menschen tiefer zu durchschauen mittels Intuition. Auch die Naturrechtsdenker Samuel Pufendorf und Hugo Grotius äußerten sich noch entsprechend frauenfeindlich und glaubten ebenfalls über Verträge und Regeln das Miteinander von Menschen ordnen zu müssen, weil der Mann eben nicht so gemeinschaftstauglich ist, nicht auf die denkende Intuition vertrauen kann und leider immer wieder von sich ausgeht. Zwei Weltkriege haben wir dieser merkwürdigen Form der Rationalität zu verdanken – ganz abgesehen von der Ausbeutung und Schädigung der Erde, der Vernichtung der Artenvielfalt und wohl auch der Individualität als Ausdruck höherer Formen von Integration.
Obwohl in erster Linie Männer für das Elend in der Welt verantwortlich sind, betrachtet sich der Mann noch heute als das höhere Wesen, das allein etwas von Moral und Ethik versteht. Tatsache ist, dass der Mann berechnender, auf seinen eigenen Vorteil bedachter, eindeutig egozentrischer und unempathischer ist, sich aber besser durchsetzen und sich dadurch mehr Gehör verschaffen kann. Frauen sind immer noch das zweifelnde Geschlecht und weichen bei Angriffen zurück. Ihr Denken bleibt harmoniebedürftig und ist dadurch in einer schwächeren Position: Sie sucht den Konsens über Verständnis und nicht über den Kampf. Rationalität wird von einigen männlichen Zeitgenossen aber als Waffe eingesetzt, was nicht in den heilenden Dialog führt, sondern in die Konfrontation, die Frauen schlecht aushalten. Ein Mann, der eine Frau bekämpft, muss schon elementare Probleme haben, denn er begreift nicht, dass seine vermeintliche Rationalität nur eine Strategie ist, nicht verstehen zu müssen. Und hier wären wir dann an einem Punkt, wo nur noch das Mitgefühl zu einer Lösung führt. Jesus Christus und Buddha waren Männer, die sehr weiblich gedacht haben. Das macht ihre überwältigende Attraktivität aus. Wann wird die westliche Welt ihre auch geistesgeschichtlich zementierten (männlichen) Irrtümer endlich einsehen?
sehr schöner text! allerdings gibt es auch sehr rational agierende frauen und sehr intuitiv und empathisch agierende männer. das klingt für mich in diesem text irgendwie zu verallgemeinernd…
klar: ohne intuition und empathie gelingt das menschliche zusammenleben definitiv nicht so gut und unserem planeten gehts schlechter.
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