Die Methoden der Destruktivität – eine Anklage

Es ist nicht immer körperliche Gewalt, die Schäden verursacht, sondern immer mehr die strukturelle Gewalt auch des Totschweigens, die nicht nur feindselig ist, sondern grundsätzlich eine Austauschunfähigkeit bedeutet, die letztlich Beziehung oder Befreiung unmöglich macht

Da erfindet einer viele Worte, die wenig besagen und ist nicht in der Lage, zu echtem Austausch in der Verständigung zu kommen. Er ist in seinem Wesen ein Vernichter und setzt seine Vernichtungsarbeit auch konsequent weiter durch. Im Anfang war der aggressive Affront der Verweigerung von Antworten. Heute sieht er keine Notwendigkeit mehr zu antworten, da sich der Andere nicht mehr instrumentalisieren lässt. Das ist uneinsichtig, unsensibel und ziemlich unreflektiert. Der Eine wird durch so ein Vernichtungsverhalten, das auch oft zu weiteren Gewalttaten führt, krank und der Verursacher solcher Unerträglichkeiten überhöht sich selbst. Im Grunde seines Wesens ist er sich selbst nicht gewiss, will aber ein anderes Bild vermitteln.  Das Totschweigen ist Feindseligkeit, die irritiert und dann auch eine Krankheit verursachen kann, wenn man dem Initiator gegenüber nicht kritisch genug ist und zu spät die Kurve gekratzt hat, sich nicht deutlich distanziert auch von solchen Manierismen, die im Nachhinein auch abstoßen durch ihre Verschleierung. Denken will klären und erklären und braucht dafür eine klare Sprache, die komprimiert ist und das Wesentliche thematisiert.  Aber die Furcht vor klaren Worten scheint tief zu sitzen. Jede wahrhaftige Auseinandersetzung bedarf aber dieser Beschränkung auf das Deutliche gegen alle Formen der nebligen Destruktivität, die immer Gewalt ist.

Die Reduzierung des Persönlichen

Deutlich aber wird nur das Unmäßige, das zum Vorschein kommt auch und gerade durch ein offensichtliches Versagen, das man dem Opfer solcher Methoden unterstellen möchte, um selbst wieder gut dazustehen. Keine Spur von Selbstkritik, sondern nur Floskeln und Zurückweisung des Ansinnens über eine Versagenssituation, die schwerwiegende Folgen hatte, zu sprechen. Die Anklage bleibt so aufrecht, wird eben nicht durch eine Aussprache, die zu objektiveren Ergebnissen führen könnte, gemildert. So kann es auch kein Verzeihen geben, denn die Haltung des Verursachers von Leid ist uneinsichtig und in ihrer Konsequenz brutal. Es fehlt vollkommen die Feinfühligkeit, die Verständnisbereitschaft durch ein modifiziertes Denken, das der Wahrheit näher kommt und sie von den Fehldeutungen befreit. Diese Freiheit wäre heilsam, weil sie den jeweils anderen als Person begreift, die sich mitteilen muss, um zu mehr Wahrheit zu kommen und die ein Recht auf Antworten hat, weil sie dem Betreffenden begegnet ist. Der aber versucht alles zu eliminieren, weil die Folgen ihn beschuldigen und er diese Schuld nicht anerkennen will. Das Prätentiöse so einer Situation und deren Bearbeitung hat etwas Unerträgliches und wenig Annäherndes an das eigentliche Problem des Versagens, das sich der Verursacher klar machen muss. Der zäumt das Pferd von hinten auf und will die so verursachte Krankheit als Grund für eine unmögliche Verständigung annehmen. Er weist seine Täterschaft zurück und bleibt in seiner Blase der Unreflektiertheit. Das alles hat etwas Stumpfes gegen eine Form der Feinsinnigkeit, die immer  mit hoher Empathie und Verstehen verbunden ist. Die sucht man hier aber vergebens. Das Totschweigen ist an sich schon eine Dumpfbackigkeit, die ihresgleichen sucht. Nun, hohle Dumpfbacken begegnen einem ständig, aber man vermutet sie nicht im geisteswissenschaftlichen Diskurs, der immer eine hohe Offenheit voraussetzt für ein Gelingen des Austausches. Wenn ich ständig das Schlechte vom anderen denke, wird jeder Ausdruck dahingehend fehlgedeutet und richtet so großen Schaden an.

Begegnung mit Folgen

Wenn ich einem fremden Menschen begegne – auf welche Weise auch immer- ist er mein Nächster und näher als diejenigen, die aus Zufall um mich herum sind, mich aber wenig interessieren. Mein Nächster kann nur der werden, der mich interessiert und nicht der, der ein Ansinnen hat. Ich kann eine Begegnung durch Totschweigen aller Argumente nicht ungeschehen machen oder sie dann in einer verschwurbelten Sprache schlichtweg wegzureden. Eine verfehlte Begegnung ist und bleibt dennoch eine Begegnung mit Folgen und ist nicht Illusion. Dabei geht und ging es nie um konkrete Erwartungen, sondern um die Notwendigkeit, in der gegebenen Situation eine Sache zu klären für die Weiterentwicklung beider Gesprächspartner. Man muss dafür die Symmetrie zulassen können, um zu Lösungen zu kommen, die das Leben benötigt. Es ist selten reiner Zufall, dass sich Menschen begegnen, die sich etwas zu sagen haben und die diesen Bedarf an Klärung nicht eliminieren dürfen. Gesundheit ist Entwicklung und möglichst mit einem Du im Dialog. Diese Entwicklung auszusetzen ist pure Gewalt und wird oft nicht verkraftet. Dabei geht es hier nicht um Nutzenbekanntschaften. Die können nur wenig beitragen zu einem Wachstum. Begegnung impliziert Veränderung und Entwicklung und hat deswegen auch einen ganz besonderen Reiz. Aber sie verlangt auch eigene Klärung der Intentionen und einer damit erkennbaren Wahrheit über sich selbst. Wer dieser Wahrheit nicht ins Auge sehen will, verweigert dann eben Antworten und befördert den Anderen in die Ohnmacht, wo eigentlich Rede hätte stattfinden müssen. Sich dem nicht zu stellen, deutet auf eine absichtliche Verschleierung der Tatsachen hin. Wer Wahrheit will, der stellt sich ihr auch im richtigen Moment und ergreift die Chance zur Wandlung und Einsicht sowie der Selbsterkenntnis. Die Feistigkeit der Antwortlosigkeit spricht heute allerdings eine eigene Sprache. Philosophische Abgehobenheit kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass letztlich wieder ganz wenig gesagt wurde. Sich einmal und rechtzeitig auszusprechen wäre die Lösung gewesen, weil sie jedem das Wahren des Gesichts ermöglicht hätte und jeder in seinem wirklichen Sosein begriffen worden wäre gegen die Flucht ins Prätentiöse.

Wahres Weltbürgertum

Die zutiefst deutsche und europäische Tragödien- und Katastrophenproduktion ist nichts Weltbürgermäßiges. Sie ist provinziell und sperrt sich gegen die Hollywoodtherapie, zu der Rüdiger Dahlke immer wieder rät. Hier siegt das Gute, die Konstruktivität, man findet eine Lösung, die allen gerecht wird. Einseitige Lösungen im Sinne von Ablösungen ohne Aussprache sind nicht konstruktiv, sie halten die Wunde offen, an der so manch einer eben verblutet. Die Heilkunst besteht nicht im Verweigern des Dialogs, sondern in der Fähigkeit, selbst schwierige Situationen durch das Finden von Worten zu überwinden, die aber nicht ins Uferlose steuern, sondern das Gegenüber im Auge behalten und sie als Person realisieren. Wir sind keine Leerstellen, sondern Menschen mit Geist, Seele und Körper. Diese Instanzen dürfen nicht ins Stocken geraten, sondern müssen aktiviert werden durch das Bewusstsein, wieder als Person gesehen und verstanden zu werden, die im größeren Ganzen steht und nur so funktioniert. Werden wir also Weltbürger im Sinne des Findens von wirklich guten Lösungen gegen alle kleinliche und kleinbürgerliche Destruktivität, die nur das eigene Ego bewahren will, aber das Selbst nicht erhört. Das Selbst generiert höheres Bewusstsein und das vermeidet Gewalt in jeder Form für mehr wahrhaftige und dauerhafte Daseinsfreude.

Menschenrechtsverletzungen durch die EU

Mental kranken Menschen wird heute Gewalt angetan, weil sehr wenige Gewalttäter als psychisch krank diagnostiziert werden und hier ein pauschaler Zusammenhang hergestellt wird, der keine Realität hat

UN und WHO haben sich gegen die Gewaltanwendung gegen mental kranke Menschen ausgesprochen, weil diese Gewalt Betroffene zusätzlich schwer schädigt und traumatisiert. Die Europäische Union ist für die Gewaltanwendung, weil mentale Erkrankung mit Gewalt assoziiert wird und werden soll. Das ist für viele Menschen, die eben Opfer von Gewalt geworden sind und deswegen erkrankten, eine Katastrophe. Wer Opfer von Gewalt ist, der ist noch lange kein Täter. Die Aversion gegen Gewalt ist hier meistens besonders hoch und meistens auch reflektiert. Kranken Menschen Gewalt anzutun ist etwas zutiefst Unrechtes und Unethisches, das die EU nicht genügend berücksichtigt. Bulgarien und Portugal gehen einen fortschrittlichen Weg gegen die europäischen Menschenrechtsverletzungen, die die EU legitimiert, weil es Menschen gibt, die Gewalt anwenden, was aber nichts mit einer mentalen Erkrankung zu tun hat, sondern mit einer Sozialisation durch Gewalt bei fehlender Reflexion. Das gilt besonders für Menschen aus Kriegsgebieten. Hier wird Gewalt oft noch als Mittel zur Problemlösung angesehen. Es ist also notwendig, hier zu differenzieren, anstatt eine ganze Gruppe von Menschen zu verdächtigen und sie im Vorfeld zu schädigen. Menschen müssen behutsam und einfühlend aus ihrer Krise  begleitet werden, was ohne Weiteres möglich wäre, aber in den meisten Fällen nicht praktiziert wird. Auch die derzeitige medizinische Behandlung ist von gestern und schädigt mehr,  als dass sie hilft.

Ein Mangel an notwendiger Differenzierung führt zu Unrecht

Schuld ist nicht die mediale Berichterstattung, die immer wieder mental kranke Menschen als Gewalttäter hinstellt, sondern die verantwortlichen Ärzte in Kombination mit einer fehlgeleiteten Politik und Rechtsprechung, die Menschen mit mentalen Erkrankungen die Zurechnungsfähigkeit absprechen will. Auch ein kranker Mensch kann in jeder Situation darüber entscheiden, ob er Gewalt anwendet oder nicht. Er muss hier verantwortlich bleiben und gemacht werden und kann sich nicht auf eine Krankheit herausreden. Die Ursache für Gewalt liegt nicht in einer psychischen Erkrankung, sondern in einer fehlenden Abgrenzung zur Gewalt, die persönlich determiniert ist ganz unabhängig von einer Erkrankung. Krank zu sein ist eine Form der Passivität, der Ohnmacht, des Leidens, aber selten des Agierens oder Ausagierens durch Gewalt. Die hat persönliche Gründe, die im Charakter einer Person liegen. Es wird nicht genügend differenziert und dieser Mangel an Differenzierung führt zu großem Unrecht gegenüber kranken Menschen. Das ist nicht länger hinnehmbar, denn Geschädigte immer weiter zu schädigen ist etwas zutiefst Inhumanes und darf nicht legitimiert werden. Derart faschistoides Verhalten, das auch noch als rechtmäßig gelten soll, ist auch die Ursache für fehlende Akzeptanz in der Gesellschaft. Mental kranke Menschen werden ausgegrenzt und extrem stigmatisiert, obwohl sie Opfer sind, denen geholfen werden muss. Gewalt und Zwang ist keine Hilfe, sondern Verletzung der Person, der Würde und der Rechte von Menschen. Und natürlich kommt es aber doch eher selten vor, dass ein zur Gewalt Sozialisierter auch mental erkranken kann.

Eine skandalöse Rechtslage

Diese Legitimierung von Gewalt gegen mental kranke Menschen erinnert immer noch an das dritte Reich. Menschen werden nicht in ihrer Not wahrgenommen, sondern noch zusätzlich schwerstens belastet durch eine pauschale Unterstellung einer möglichen Gewaltausübung. Auch eine Traumatisierung ist ein Leiden, das nicht zur Anwendung von Gewalt führt und darf nicht als Entschuldigung gelten. Jeder Mensch ist unter allen nur erdenklichen Umständen verantwortlich für sein Handeln. Statistisch gesehen, sind mental kranke Menschen weniger gewalttätig als sogenannte gesunde. Das sollte zu denken geben. Ausnahmen dürfen nicht Grundlage für eine Gesetzgebung sein, denn es gibt keinen genuinen Zusammenhang zwischen Krankheit und Gewaltanwendung. Vielmehr ist Krankheit ein Ausschluss von Gewalt, weil hier oft Gewalt erfahren wurde, die natürlich abgelehnt wird. Die Tatsache, dass Ausnahmen zur einer allgemeinen schädigenden Gesetzgebung herangezogen werden, ist ein rechtlicher und auch medizinischer Skandal, der aber durch eine mediale Berichtserstattung beschwichtigt werden  und der Eindruck entstehen soll, diese Gewaltmaßnahmen seien gerechtfertigt. So wird das Leid der Leidenden verschlimmert und steht einer Heilung vollkommen im Weg. Und mentale Krankheiten wären heilbar, wenn man sich ihrer behutsam annehmen würde. Das ist heute nicht der Fall.  Mental Kranke  werden behandelt wie Menschen dritter Klasse, als wären sie es nicht wert, dass man sie empathisch annimmt, sie vorsichtig wieder in ein normales Leben hineinführt und ihnen so mögliche Behandlungen auch erklärt. Jede Krankheit ist ein Symbol für ein Leiden und muss entschlüsselt werden. Aber die Kommunikation mit Erkrankten hält man für überflüssig, was zu einer allgemeinen Misere in der Salutogenese geführt hat. Die Rückschrittlichkeit der EU ist im 21. Jahrhundert der Individualisierung auch im Zuge einer personalisierten Medizin nicht mehr erträglich. Und die Tatsache, dass mentale Erkrankungen heilbar sind, muss Druck auf Ärzte ausüben, die eine vermeintliche Unheilbarkeit nicht länger als Ausrede für ihre Inkompetenz anführen dürfen.

Existenzchamäleon

Im Interview mit Lars Eidinger in Sternstunde Philosophie auf 3SAT mit dem Untertitel Das Leben als Kunstwerk sagt der Schauspieler mehr über das Leben als so mancher Therapeut oder Philosoph.

 

Wir erarbeiten uns eine Identität, die das ganze Leben tragen soll. Aber Menschen erleben Brüche durch Schädigungen, die zum Umdenken auffordern. Sich immer wieder neu zu erfinden und zu definieren ist Ausdruck gesunder Lebendigkeit, die dann durch Wandel eine neue Rolle ermöglicht, die aus den Belastungen herausführt. Von Schauspielern kann man diese Fähigkeit lernen. Wir kleben oft zu lange an falschen Entscheidungen, die alles blockieren und die anderen Möglichkeiten verstellen, die es fraglos immer noch gibt. Für die Veränderungen braucht der Mensch Energie und Zuversicht. Jeder Mensch hat eine Reihe von Möglichkeiten und wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue für ungeahnte Ziele, für die man sich öffnen sollte. Es ist der Weg, der Sinn macht und nicht immer das Ergebnis. In eine neue Rolle schlüpfen zu können ist Befreiung von Belastungen, die die  Potenzialentfaltung behindern. Ein Schauspieler kann sich ausprobieren und an die Grenzen gehen, um ein starkes Selbstgefühl zu entwickeln. Jedes Scheitern kann in einen Erfolg umgemünzt werden, wenn man bereit ist aufzustehen und die Dinge anzugehen, die erfolgversprechend sind. Im Grunde ist auch der Wandel Ausdruck von Gesundheit und nicht die Erstarrung und Festlegung auf eine Möglichkeit, eine Rolle, eine Identität. Es gibt hier mehr Angebote, als man sich vorstellen kann. Viele Menschen sind erst erfolgreich geworden durch ein Scheitern in einer Sache. Die Überzeugung wächst mit den Einsichten über sich selbst.

Kunstwerk als Lebendigkeit

Der flexible seelische Apparat bietet neuen Sinn an nicht in Form einer Künstlichkeit, sondern sich und sein Dasein als kleines Kunstwerk zu betrachten, auch wenn man kein Schauspieler ist. Sich neu zu positionieren wird öfter im Leben notwendig und trifft viele Menschen, die sich mit neuer Energie der Herausforderung stellen und noch einmal oder auch immer wieder etwas schöpferisch beginnen.  Es geht also nicht um ein Aufgeben, sondern um ein Modifizieren, indem man die Dinge anders bewertet und die Chance sieht, die sich nun anbietet und ergriffen werden will. Je früher man umdenkt, ums so weniger belastet die alte Rolle, in die man schon längst nicht mehr hineinpasst. Das Korsett war zu eng und nun tritt an diese Stelle eine Freiheit, die inspiriert und motiviert. In der Fähigkeit zum Wandel steckt viel Gesundheit, denn so manche Anpassung war ohnehin nicht akzeptabel. Identitäten sind nicht immer tragfähig. Wir müssen uns selbst gut kennen, um einen neuen Standpunkt zu finden, in dem wir uns dann wiederentdecken und alte Gewohnheiten durchbrechen. Jeder kann aus seinem Leben ein Kunstwerk machen, wenn er sich innerlich befreit von belastenden und einschränkenden Vorstellungen. Das Leben geht nicht einfach weiter, es kommt zu mehr Bewusstsein und damit zu neuer Kraft einer gesunden Selbstwerdung. Dieser Prozess ist nie abgeschlossen, ist eine Position auch der Kritik am Bestehenden, die ausdifferenziert werden muss.

Innovation gegen Anpassung

Aus einer alten Identität wird also eine neue und passendere, die weniger determiniert. Und hohe Intelligenz sieht auch immer den Mangel, das Defizit in so mancher Identität, die wir oft schon unbewusst verlassen haben, um zu neuen Ufern zu gelangen, die einem mehr entsprechen. Dies kann auch immer Hintergrund eines Scheiterns sein. Der Mensch hat sich hier selbst schon überholt und hängt nun in einer Rolle fest, mit der kein Glück mehr verbunden ist und keine Potenzialentfaltung möglich ist. Hier hilft nur noch das Umdenken und Erkennen, was wirklich zählt angesichts einer komplexen Welt, die viele Rückschritte macht und das als Fortschritt verkaufen will. Wer viel reflektiert, passt nicht so ohne weiteres ins Establishment. Er braucht den weiteren Horizont, um atmen zu können. Dieser Reflektionsdrang will ins Bewusstsein und will sich dann auch entsprechend mitteilen. In alten und engen Schuhen läuft es sich nicht gut. Wer eigentlich zu den Innovativen gehört, darf sich nicht an Verhältnisse anpassen, die er nicht gut heißt. Das volle Potenzial wartet schon auf die Entlassung in die gedankliche Freiheit. Wer nicht zu den Reproduktiven gehört, muss auf seine Gesundheit achten, die er nur in der Produktivität findet. Niemand will in einem Dampfdrucktopf verharren, in dem sich die Energien stauen, anstatt sie kreativ auszuleben. Ängstliches Anpassen an Missstände kann in die Krankheit führen. Die Fülle des Daseins besteht nicht nur in der Spiritualität, sondern auch in Bezug auf das sinnvolle Einsetzen seiner Kraft. Deshalb ist die Frage so wichtig,  zu welcher Seite man gehört. Sie ist lebenswichtig für das Seelenheil. Krankheit ist oft ein Zeichen der Fehleinschätzung. Die schillernden Facetten eines Daseins warten nur auf ihre Realisierung.

Selbsttherapie

Bei dem Begriff Selbsttherapie geht ein Aufschrei durch das Establishment und den Mainstream. Doch wer oft vor allem mentale Krankheiten als unheilbar deklariert, hat nicht recht.

 

Die Pathologisierungen nehmen zu, aber nicht die Heilungschancen im heutigen therapeutischen System. Wenn Ärzte und Therapeuten mentale Krankheiten nicht heilen können, liegt das nicht an der Art der Erkrankung, sondern an deren Inkompetenz. Dass man heute Psychotherapie studieren kann, ist kein Fortschritt, sondern ein weiterer Schritt der Anpassung ans System gegen Formen der Individualisierung und Personalisierung, die ein hohes Heilungspotenzial beinhalten. Das zeigt auch die viel beanspruchte Coacherszene. Was Schule und Universität nicht zu leisten in der Lage sind, müssen Mentaltrainer später ausgleichen, damit das Leben erfolgreich und sinnvoll wird. Ein nicht hinzunehmender Zustand. Aber es ist anstrengend, ein System zu ändern. Viel hilfreicher ist es, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen und aktiv zu werden in Bezug auf die eigene, vor allem seelische Gesundheit. Das ist einfacher, als man denkt und wesentlich effektiver als zeit- und kostenaufwendige Therapien durch sogenannte Fachleute. Jeder ist in Bezug auf die eigene Erkrankung ein Spezialist. Kein Außenstehender kommt der eigenen Psyche so nah wie man sich selbst. Sich selbst zu erforschen und zu ergründen durch Bewusstseins- und Reflexionsarbeit bedarf einer gewissen Bildung, die aber heute fast jeder hat. Der wirklich mündige Bürger wird in Selbstverantwortung zum Fachmann und Fachfrau für sein Problem. Das ist eine hoffnungsvolle und optimistische Haltung gegenüber der Resignation einer vermeintlichen Unheilbarkeit.

Mit Papier und Stift zur Gesundheit

Viele mentalen Erkrankungen beruhen auf Verletzungen und Schädigungen durch andere auch durch unvollkommene und faschistoide Bürokratien. Die haben wir noch lange nicht gänzlich überwunden. Auch die Annahme, dass der Einzelne sich nur in sich selbst verstrickt, ist ein Vorurteil. Niemand kennt die Ursachen einer Erkrankung so gut wie der Betroffene selbst. Der benötigt nur Papier und einen Stift, um sich der Selbsttherapie zu widmen und den Dingen auf den Grund zu gehen, ohne dass ständig von außen korrigiert wird. Die Selbstkorrektur stellt sich bei einer gewissen Übung von selbst ein. Gedanken und Gefühle werden schriftlich thematisiert und werden so immer bewusster und klarer. Ein Versöhnungsprozess mit sich selbst stellt sich ein und der Mensch wird sich der Zusammenhänge immer bewusster. Es ist auch ratsam, diesen Schreibprozess mit anderen Gesundheitsmaßnahmen wie Ernährung, die die Darmgesundheit fördert (Darm und Gehirn korrelieren miteinander), und Bewegung zu kombinieren, damit auch der Körper gesundet. So kann sich der Mensch wieder ganz mit sich selbst befreunden und sein Problem in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Das Thema Selbsttherapie wurde gänzlich abgewürgt und stattdessen ist eine unüberschaubare Therapeutenszene entstanden, die aber nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt. Es gibt sicher überall Spitzenleute, die aber oft dann auch kostspielig sind. Das kann sich nicht jeder leisten. Aber das eigene Nachdenken für sich selbst einzusetzen kostet so gut wie nichts. Wer sich die Selbsttherapie nicht zutraut, der kann selbstverständlich noch einen Therapeuten hinzuziehen, aber die Hauptaufgabe muss er/sie selber leisten, denn auch die Korrekturen stellen sich von selbst ein und der Blick wird immer objektiver, je tiefer die Erkenntnisse sind. Dieses Mindcoaching ist ein Selbstprojekt.

Heilsame Selbstzuwendung

Wer mental erkrankt ist, der hat sich selbst aus dem Blick verloren, er ist zu sehr nach außen orientiert und findet nicht den Zugang zu sich selbst, wenn er sich nicht mit den eigenen Gedanken beschäftigt. Er sieht auf dem Papier die Fortschritte. Hier sollte er sich nicht zu sehr kontrollieren, sondern den Gedanken – auch den banalen- freien Lauf lassen. So gelingt ein Aufbauprozess gegen alle Degenerierungen, die sich einstellen, wenn das Bewusstsein nicht gefördert und genährt wird. Diese Form der Selbstzuwendung ist an sich schon heilsam auch durch Autosuggestion und affirmatives Denken, das sich zeigt, wenn man sich selber ernst nimmt und es wagt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Die Angst vor einem zunehmenden Subjektivismus sind unbegründet. Der Schreibprozess an sich ist eine realitätsfördernde Maßnahme. Die eigenen Wahrheiten kommen an das Licht und das Selbstvertrauen steigert sich mit dem Training, die passende Worte zu finden. Wer das sagen kann, was er wirklich fühlt und was ihn aus der Bahn geworfen hat, versteht diesen Einfluss auf die Psyche und kann gegensteuern. Mit dem Bewusstsein entsteht ein neues Selbstvertrauen und inneres Wachstum. Man kann an das Positive im Leben anknüpfen und das in jedem Alter. Ich brauche dafür keinen anderen. Der Anschluss an das Ureigene kann so gefunden werden und die blinden Flecke werden auch durch Selbstarbeit beleuchtet sowie auch die Schattenseiten der eigenen Existenz. Es wächst auch das Bewusstsein für die eigenen Fähigkeiten, die dann zu einem erfolgreichen Leben führen, so dass über das entsprechende Handeln die Gesundheitsentwicklung in Gang gesetzt wird. Die dafür notwendige Energie liefert immer eine universelle Spiritualität. Und Erkenntnisse setzen ganz allgemein Energien frei. Das Innerste kann wieder heilen und der Mensch wird frei für seine Vorhaben, die sich wieder deutlicher und klarer zeigen. Auch die neuen neuronalen Verschaltungen lassen sich so beeinflussen für die Überwindung von Traumata. Das Thema Selbsttherapie ist ein Zukunftsprojekt, für das intensiver geworben werden müsste, denn es beinhaltet viel Potenzial auch für die Erweckung des eigenen Potenzials für den Lebenserfolg.  Und die Vorträge der Mentaltrainer sind zum Teil kostenlos im Internet aufrufbar.

Michael Mary, Henny Nordholt: Selbsterforschung, Mit sich selbst arbeiten.

Jay Earley: Meine innere Welt verstehen. Selbsttherapie mit Persönlichkeitsanteilen. München 2014

Jael Backe, Alexandra Reinwarth: Am Arzt vorbei geht auch ein Weg. Die Kraft der Selbstheilung. München 2018 1. Auflage

Bernd Krewer: Kulturelle Identität und menschliche Selbsterforschung. Die Rolle der Kultur in der positiven und reflexiven Realisierung des Menschseins. Saarbrücken 1992

Talane Miedaner: Coach Dich selbst, sonst coacht Dich keiner. München 2009

 

Orientierung

Es ist die Zeit der Reifung, die Anspruch und Wirklichkeit in Balance bringt, damit wir nicht den „Unendlichkeitsmaschinen“ ausgeliefert sind, wie Ariadne von Schirach unser Problem  in ihrem Buch die Psychotische Gesellschaft beschreibt.

Die Autorin zweifelt am Sinn der Spiritualität, die aber das verletzte, kranke und beschädigte Leben öffnet für neue Perspektiven und uns neues Denken ermöglicht. Spiritualität darf sicher nicht apolitisch und untätig werden, denn so ergreifen wir unser Leben nicht, werden nicht zu Gestaltern des eigenen  Daseins gegen eine zunehmende Ökonomisierung des Lebens, die die Angst vor dem Nichts schürt. Reife Spiritualität richtet sich gegen einen religiösen und fanatischen Fundamentalismus, der kaum gesprächsbereit nur abwehrt und abwertet. Unter einem spirituellen Vorzeichen wird die Selbstzuwendung gleichzeitig Weltzuwendung und kann die Chancen ergreifen, die dieses Dasein bereithält. „Auch der Fanatiker glaubt an Sachverhalte, die nicht unbedingt mit der Realität übereinstimmen müssen“. Die Beschränktheit liegt darin, dass alles, „was das eigene Weltbild stört, nicht nur nicht wahrgenommen wird, sondern grundsätzlich nicht sein darf“. Er vermag den Zweifel nicht zuzulassen, den die  vielfältigen Wahrnehmungen des eigenen und des allgemeinen Lebens mit sich bringt. Wenn Orientierung nur Beschränkung auf wenige Dogmen bedeutet, ist sie Ausdruck der Angst und nicht Befreiung zur Wahrheit und Wahrhaftigkeit, die aber immer den Diskurs  und nicht die Behauptung sucht, um sich auch wieder ändern zu können.

Spiritualitiät ist kein Eskapismus

Leider kann sich die Autorin von allgemeinen Vorurteilen gegenüber mentalen Erkrankungen nicht lösen und kommt hier auch nicht zu tieferen Einsichten. Aber sie macht auf eine Degenerierung der Gesellschaft durch Angst und Ohnmacht aufmerksam, die wir durch Bewusstsein, Denken und Liebe überwinden können. Vor allem aber können wir gestalten und den Dingen so einen Sinn geben, die sie von Natur aus nicht immer haben. Sie kritisiert die spirituelle Haltung als gefühlte Unbegrenztheit, wo doch das konkrete Setzen von Sachverhalten erst die Substanz vermittelt, die es braucht, um nicht zu verzweifeln. Dabei besteht die Gratwanderung darin, sich nicht zu determinieren, sondern die Offenheit durchzuhalten. Wir erleben durch negative Erfahrungen die Enge der Determination und geraten so in eine Bedrohungslage, der wir nur entkommen können, indem wir handeln und hoffen, die Zeit sinnvoll nutzen und uns nicht nur unterhalten lassen. Wer nicht eingreift in das Lebensgeschehen, der wird früher oder später manipuliert, findet nicht seinen eigenen Weg und leidet so am ungewissen Leben. Sicher, alles Spirituelle kann zur Flucht vor der Wirklichkeit werden und verliert so die Selbst- und Veränderungskompetenz. Aber als positives Grundgefühl ist sie ein Teil ganzheitlicher Gesundheit, die zum Einflussnehmen drängt, damit die Probleme nicht lähmen. Sie begnügt sich nicht mit dem gelassenen Abwarten auf bessere Zeiten, sondern schafft die Energie für sinnvolle Produktivität.  Letztlich vermag sie den Menschen zu verorten und damit zu verheimaten gegen eine unbehauste Ödnis, die die Seele zerfrisst und die Welt und das Dasein in ihr als feindlich erlebt. Die Rationalität des homo oeconomicus übersieht die Lebendigkeit alles Seins und verstellt das Nichtzuberechnende, denn diese Rationalität kennt das Glück des bewussten Seins nicht, das sich eben nicht einschränkten lassen will, sondern möglichst frei entscheidet auch für einen immateriellen Sinn. Wenn Spiritualität Ewigkeit thematisiert, dann nur im Sinne des unbegrenzten Setzens von Möglichkeiten und nicht im Sinne einer Verlorenheit, die Unendlichkeit ja auch sein kann.

Eine gesündere Gesellschaft beginnt beim Einzelnen

Eine ängstliche Gesellschaft ist unproduktiv und unkreativ. Angst absorbiert unendlich viel Energie und erschöpft sich in der Negativität. Deren Nähe zur Sinnlosigkeit kostet den Menschen alle Zuversicht, die nicht unkritisch alles gut findet, sondern sich als Motor und Antriebskraft versteht, die Probleme beherzt anzugehen, die sich dem guten Leben ständig entgegenstellen. Das Leid lässt sich nicht verhindern, aber es ist in einem andauernden Prozess auch immer wieder überwindbar.  Das bedarf der Denkleistung und weniger langwieriger Therapien. Sich der eigenen Wahrheit anzunähern ist die Befreiung von falschen Vorstellungen und Erwartungen, die nur zu Störungen führen und das eigene Leben und das der Anderen behindern. So können wir spirituelle Realisten sein, ohne dass es der Spiritualität schadet. Und wo die rationale Sprache nicht hinreicht, entwickeln wir eben ein Narrativ, das das Wahre umschreibt. Die eigene Wahrheit zu erfassen bedarf hoher Reflexionsvermögen. Nur wer sich selbst begreift, entwickelt ein objektives Urteilsvermögen. Diese Wahrheit ist aber nicht Begrenzung, sondern ein Wissen, das diese Determinierungen auch wieder aufheben kann. So bin ich nicht das Produkt meines Seins, sondern meines produktiven Denkens und fühle mich hier prinzipiell frei und damit angstlos. Die Bedrohungen einer ökonomisierten Gesellschaft, die nur den Wettbewerb kennt und alle Anpassungsleistungen daran, werden unwirksam, wenn ich mich als das verstehe, was durch Reflexion auf das rekurriert, was wirklich trägt. Und das ist  nicht das Geld, sondern ein Leben ohne Angst und Sinnverlust. Der Verlust des Urvertrauens darf nicht nur bedauert werden. Wir haben es in der Hand, ob uns Tag für Tag und Schritt für Schritt ein Gewahrwerden gelingt oder ob wir versinken. Man nehme sich die Zeit für die notwendigen Überlegungen und werde so immer ehrlicher und genauer, damit das Bewusstsein eine Chance erhält, das Leben zu ergreifen auch gegen eine Unterhaltungsindustrie, die genau das verhindert. Und alles Ergreifen ist immer auch eine Form von Politik, die die Gesellschaft verändern kann zu einem Besseren und Gesünderen hin. Orientierung ist also nicht primär das, was ist, sondern was ich tue, um es zu ändern.

Ariadne von Schirach: Die psychotische Gesellschaft. Wie wir Angst und Ohnmacht überwinden. Stuttgart 2019

 

Die Bedeutung von Symptomen

Für eine Heilung ist es notwendig, die Krankheit zu verstehen und zu analysieren, was die Schulmedizin nicht unternimmt

Oft leidet ein Mensch unter seiner Symptomatik, ohne den symbolischen Gehalt zu deuten. Das hat Konsequenzen für eine Heilung. Symptome treten so lange immer wieder auf, bis sie gelöst sind. Bis dahin ist es oft ein weiter Weg. Besonders mentale Erkrankungen müssen verstanden und entschlüsselt werden. Einfach nur Symptome unterdrücken ist keine Gesundheit und erst recht keine Heilung. Für die muss sich der Mensch anstrengen, damit die Symptomatik überflüssig wird. Die Sprache der Symptome ist nicht einfach zu verstehen, aber die Bemühung, die Bedeutung zu erfassen, darf nicht nachlassen – egal wie lange man unter einer Erkrankung gelitten hat. Deren Symbolgehalt zeigt den Weg, Gedanken besser zu integrieren. Ich muss mir also die Symptome ganz genau anschauen, um sie zu lösen. Die Sprache der Symbole deutet auf die Schwäche hin, sich selber auch in schwierigen Zeiten durchzuhalten. Abspaltungen und Unterdrückung von Inhalten bahnen ihre Weg ins Bewusstsein und können so behandelt werden. Es darf nie bei reiner Symptomunterdrückung bleiben, denn sie teilen etwas Relevantes mit , was ganz ins Bewusstsein gelangen will und muss.

Nicht Regeln und Strukturen, sondern Denkarbeit befreit

Der seelische und geistige Apparat ist sehr komplex und bedarf genauen Hinsehens, damit sich keine Symptome die Bahn brechen, die aus der Gesundheit herausführen. Sicher, Heilung ist ein großes Wort, aber der Mensch hat das Vermögen, negative Erfahrungen zu kompensieren und sich so wieder in die eigene Mitte zu begeben, die mit Distanz zu sich selbst wieder möglich wird. Distanzierung vom Leiden und damit auch von den Symptomen fördert die innere Festigkeit und erhöht die seelische Spannkraft. Die Entschlüsselung von Symptomen kann jeder für sich leisten, ein anderer durchschaut die Dynamik nicht. Wer also sehr reflektiert lebt, hat auch die Chance, hinter den Schleier zu schauen, um zu wachsen und zu reifen. Man kann diese Prozesse aufschreiben oder jemandem mitteilen. Die Arbeit als solche muss der Betreffende selber leisten, keiner kann einem diese Mühe abnehmen. Sich selbst zu verstehen ist eine enorme Herausforderung an die Introspektion. Immer wenn sich eine fundamentale Erkenntnis ereignet, reagiert der Geist mit Glück, es ist also ein Belohnungssystem aktiv, das die notwendige Rückkopplung enthält. Wer also über sich selbst nachdenkt und erkennt, was wirklich trägt, der bewegt sich auf dem Pfad zur Gesundheit. Es geht also nicht nur um das Einhalten von Regeln wie beispielsweise die des heiligen Benedikt, sondern um ein Durchschauen des eigenen Seelenapparates und seinen vielfältigen Ausdrucksformen. Wer aus der Bahn geraten ist durch Krankheitssymptome, der tut gut daran, sich selbst zu erkennen und wahrzunehmen, ohne ständig im eigenen Saft zu schmoren. Das Nichtwahrhabenwollen ist der Verdrängungsprozess, der nicht in die Gesundheit führt, für die wir zwar eine klare Intuition haben, sie aber nur umsetzen können, wenn wir kreativ werden in Bezug auf Verstehensprozesse, die sehr weit reichen können.

Die Kraft der Deutungsprozesse

Wer an Reinkarnation glaubt, der findet oft eine Erklärung für das Unverständliche, das sich im Leben ereignet und manchmal ins Bewusstsein vordringt, um bearbeitet zu werden. Krankheitssymptome spiegeln dann durch Bilder diese andere Gegenwart, die sich aus einer Vergangenheit speist. Es kann sich hier aber nur um eine Bereicherung handeln, die bewusst gelebt und anerkannt werden will. Sie will keine Verwirrung stiften, sondern das jetzige Leben erhellen und erweitern. Im Buddhismus und Hinduismus gibt es die Wiedergeburt. Das ist auch der Grund, warum wir ein bewusstes und achtsames Leben führen müssen, damit sich nichts Negatives etabliert, weil wir so unvorbereitet sind. Was also als mentale Krankheit klassifiziert wird, mag seinen Grund in der überindividuellen Vergangenheit haben. Die will und muss bearbeitet werden, damit es nicht zu Dauerstörungen kommt.  Die Vergangenheit kann eine Quelle der Kraft werden, wenn sie richtig gedeutet wurde. Deutungsprozesse sind oft langwierig, aber sie befreien aus der Unerlöstheit. Letztlich führt diese Denkarbeit raus aus der Ohnmacht des Unabänderlichen. Der Sprachgebrauch von Psychiatrie und Psychologie ist oft kontraproduktiv, denn er vermittelt keine Kompetenz sich selbst gegenüber, die der Mensch aber erlangen muss, um die Produktion von Symptomen verstehen zu können. Und wer Menschen als Geister sieht, braucht sich nicht zu fürchten, sie haben einen Sinn und möchten einfach gehört und wohl auch gesehen werden. Integrieren wir sie also ins Bewusstsein und erlösen sie über die produktive Einbildungskraft. Das Bewusstsein weiß auch immer, was wo wie und wann zu einem Einbruch geführt hat. An diesen Punkt müssen wir verweilen und ihn genau ansehen, damit die Vergangenheit nicht immer wieder verletzt und verwirrt. Die Symbolsprache der Symptome liefert den Schlüssel für das eigene Leben. Es geht nicht darum, die Medizin zu bestätigen, sondern um den höchst individuellen Punkt der eigenen Geschichte und eventuell über das individuelle Dasein hinaus.

Die heilige Sphäre

Allen Religionen gemeinsam ist die Erfahrung der entgrenzenden Alleinheit der unio mystica, die alles Subjektive und Vereinzelte übersteigt.

Wir müssen nicht so weit gehen, dass das Göttliche in allem zu finden ist. Das entspricht nicht der Realität. Das Schlechte kommt in die Welt durch Unwissenheit und fehlende Gotteserfahrung sowie Begrenzung durch den Körper. Wirkliche innere Freiheit findet der Mensch nur in der Überwindung seines Egozentrismus. Der Zen-Meister Dogen Kigen (1200-1253) lehrte: „Den Weg studieren, heißt sich selbst studieren. Sich selbst studieren, heißt sich selbst vergessen. Sich selbst vergessen heißt, in Harmonie mit dem ganzen Kosmos zu sein“. Man möchte noch hinzufügen: Mit dem Kosmos in Harmonie zu sein, heißt innere Freiheit. Die unio mystica auch bei Meister Eckehart besagt dasselbe: Die Einswerdung mit Gott ist eine Erfahrung tiefsten inneren Friedens und Glücks und auch der Heilung. Von hier aus kann ich das Konflikthafte lösen und komme in den Fluss des Tuns und Werdens. Diese Verbindung mit Gott ist der Urgrund des Daseins und nicht an bestimmte Rituale und Dogmen gebunden, wie man immer wieder betonen möchte. Hier ist kein Raum für Fundamentalismus, denn diese heilige Sphäre ist Befreiung vom kleinlichen und berechnenden menschlichen Denken. Sie ist die Quelle für Hoffnung und Zuversicht. In der Stille komme ich ihr sehr nahe. So kann ich in mich hineinhorchen und meine Ich-Grenzen überwinden, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Begierden und negative Emotionen sind extreme Beschränkungen, die eben dadurch auch sehr unglücklich machen.

Spiritualität kennt keinen fundamentalen Dogmatismus

Sicher steht diese mystische Erfahrung im Kontrast zur Welt, die spirituelle Erfahrungen sehr behindert, weil sie auf der Materie beruht und damit das Körperliche überbetont, das wenig Freiheit kennt und auch den Geist einschränkt. Alles Geistige ist keine Abgehobenheit, sondern die Möglichkeit über die Kontemplation zum Wesentlichen zu kommen. So schreibt Bede Griffith: „Es gibt ein tiefes Zentrum in jedem Menschen, das nur von Gott, dem Unendlichen, dem Ewigen ausgefüllt werden kann. Jeder Mensch kann in seiner physischen Situation und seiner Psyche verloren sein. Aber dieses Zentrum ist immer da“. Es ist etwas Geistges. Diese Gegenwärtigkeit Gottes im Geist jedoch muss als etwas gedacht werden, für das man sich öffnen muss, damit es offenbar werden kann. Es gibt eben auch die Abwesenheit dort, wo der Mensch beginnt zu verletzen und zu schädigen und schlimmstenfalls auch noch in Gottes Namen. Das ist keine Spiritualität, sondern Sünde. Gläubige Menschen sind oft keine besseren Menschen, was uns glaubhaft Ulrich Schnabel in seinem Buch Die Vermessung des Glaubens vermittelt. Spirituelle Menschen jedoch tun alles, um Verletzungen und Schädigungen zu minimieren, weil Schädigungen eine Kette von negativen Wirkungen nach sich ziehen und in die Krankheit führen können. Solche Ursache-Wirkungsmechanismen sind dann schwer wieder zu heilen. Über die Erfahrung des Göttlichen kann es gelingen, denn hier ist der Mensch wieder ganz heil und ganz. Die Erfahrungen in der Welt spielen eine immer geringere Rolle. Rituale, Dogmen und Gurus sind nicht unbedingt notwendig, um diese spirituellen Erfahrungen zu machen. Der Mensch muss nicht in die Lehre gehen, sondern kann das Göttliche direkt erfahren ohne Vermittlung.

Das Göttliche ist zeitlos und damit höchste Freiheit

Es scheint an der Zeit, immer mehr Gewicht darauf zu legen, was allen Religionen (hierzu zählt auch der Buddhismus) gemeinsam ist. Der Zustand der Leidfreiheit auch unter schlechten Umständen steht jedem offen gegen alles Trennende und Berechnende. Lange Ausbildungen sind dafür nicht nötig. Das patriarchale Denken spricht eine andere Sprache. Hier ist etwas nur ernst zu nehmen, wenn es vermittelt worden ist durch jemanden. Aber jede Vermittlung ist auch wieder Einschränkung und manchmal eben auch Verunstaltung der Spiritualität, die objektive Züge trägt und keine Privatreligion ist. Wer die Einheit mit Gott sucht, der kann sie auch erleben. Wo sie nicht gewollt ist, da findet sie auch nicht statt. Ganz ohne Arbeit kommt man dabei nicht aus, aber die sollte nicht durch eine andere Person verzerrt werden. Gott zu erfahren besteht in der Erreichung einer hohen Energie, die vieles gelingen lässt. In dieser Verbindung vollzieht sich aber nicht die Auslöschung des Selbst, sondern das Potenzial der Möglichkeiten, durch diese Verbindung ganz selbst zu sein, ohne in die Vereinzelung zu geraten, sondern in der Verbindung zu wachsen und zu werden, was man im tiefsten Wesensgrund ist. Zugang finde ich hier in der Einheit mit der Ewigkeit Gottes als ganzes Dasein, das nicht von Raum und Zeit zerhackt wird. Die Erkenntnis Gottes ist fundamentaler als die Erkenntnisse des Verstandes und sie ist in der Lage, Menschen zu einigen, denn alles Wahre ist auch tiefer Frieden und Sinn, von dem Ulrich Schnabel meint, dass man ihm folgen soll – egal ob man das Ziel erreicht: „Und wer ein Warum hat zu leben, erträgt fast jedes Wie“

Bede Griffith: Göttliche Gegenwart. Wien 2002

Ulrich Schnabel: Die Vermessung des Glaubens. München 1. Auflage 2010

Ulrich Schnabel. Zuversicht. München 1. Auflage 2018

Bessere Gesetze

Nicht alles, was Recht und Gesetz ist, ist auch gerecht. Bleiben wir wachsam und arbeiten auch am rechtlichen Fortschritt. Dazu ist jeder einzelne aufgerufen

Über die Notwendigkeit des mentalen Fortschritts wurde schon an anderer Stelle gesprochen. Eigentlich ist vor allem der mentale Fortschritt ein wirklicher Erfolg, weil vieles andere doch eher flüchtiger Natur ist. Und den mentalen Fortschritt hat jeder selbst in der Hand, ist hier von niemandem abhängig. Aber wir sind auch mit einem anderen Problem konfrontiert: mit Gesetzen, die wenig fortschrittlich sind und der Wissenschaft und den Erkenntnissen weit hinterhinken. Manche Gesetze sind auch weiterhin regelrecht ungerecht und fügen dem Menschen großen Schaden zu. Auch im Bereich von Recht und Gesetz muss um die Wahrheit gerungen werden. Dass diese Welt nicht gerecht ist, weiß jeder, aber wenn es einen selber trifft, ist man entsetzt und fassungslos, was die Rechtslagen und Rechtsbeugungen betrifft. Ein guter Staat ist für Erneuerungen und Verbesserungen stets offen und flexibel. Ist aber erst einmal etwas Gesetz, ist es aufwändig, es wieder zu ändern. Manche Gesetze sind bequem, machen es dem Staat leicht einzugreifen und die Rechte des Bürgers einzuschränken. Hier ist meistens auch eine Propaganda am Werk, die den Status quo erhalten will. Leider sind es auch allgemeine Vorurteile, die vermeintliche Sachverständige am Laufen halten. Dagegen hilft meistens die Statistik, die eine andere Sprache spricht. Aber auch der gesunde Menschenverstand allein muss zu Korrekturen führen können. Hierfür braucht man gut begründete Argumente.

Der Staat macht es sich sehr leicht und schadet den Betroffenen

Psychisch kranke Menschen werden in den westlichen Ländern so stark stigmatisiert, weil sie das übliche Alltagsdenken nicht bedienen. Leider sind diese Menschen aber relativ machtlos und zu ohnmächtig, sich gegen all die Ungerechtigkeiten, Unterstellungen und Vorurteile zu wehren. Man grenzt hier lieber aus und ignoriert sie, als sie als sensible und meistens intelligente sowie produktive Zeitgenossen wahrzunehmen. So ist man auch hier bemüht, psychisch kranken Menschen einfach Dummheit zuzuschreiben, damit man sie nicht ernst nehmen muss. Es gibt aber auch Völker, die psychisch kranken Menschen einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft zugestehen, weil ihre Einsichten über das Leben meistens tiefer und fundierter sind. Sie blicken nicht nur in Abgründe, sondern eben auch auf den Grund. Ihr Reflektionsniveau ist wesentlich höher als das des Ottonormalverbrauchers. Sie zu integrieren ist eine Bereicherung für die gesamte Gesellschaft. Tatsache aber ist das Gegenteil. Pathologisierungen und ein desolater Verfahrenskatalog bewirken nur Diskreditierungen. Dabei wäre es an der Zeit zu begreifen, dass psychisch Kranke viel zu sagen haben und ihre Meinung etwas wert ist. Sie verstehen meistens mehr über die Zusammenhänge des Lebens als ein vermeintlich gesunder Mensch. Dabei bewegt man sich sowieso auf einem Grat, was Gesundheit und Krankheit betrifft.

Alles eine Frage des Profits

Gerne bringt man kranke Menschen auch in die Nähe von Menschen, die anderen Menschen Schaden zufügen, was eindeutig falsch ist. Opfer und Geschädigte verabscheuen Gewalt und sind in Bezug auf andere Menschen eher vorsichtig und achtsam, da sie selbst so behandelt werden möchten. Dass psychisch kranke Menschen von Gesetzen terrorisiert werden, ist weiterhin ein Skandal, der immer wieder klein geredet wird, wenn irgendein Terrorist Schaden anrichtet. Dies korreliert aber nicht mit einer Krankheit, sondern mit seiner persönlichen Neigung, Konflikte über Gewalt zu lösen. Das ist aber eine ganz andere Motivation, die mit Krankheit nichts zu tun hat. Wer zum Opfer geworden ist, der entwickelt eine hohe Sensibilität gegenüber Verletzungen, ist viel achtsamer als der Rest der Bevölkerung, meistens eben sogar hochsensibel nicht nur in Bezug auf die eigene Person, sondern auch anderen gegenüber. Gesetze, die kranke Menschen diskreditieren, gehören einfach abgeschafft.  Die Antipsychiatriebewegung war und ist hier ein Denken, das unbedingt mehr Öffentlichkeit erreichen muss und darüber aufklärt, was der Staat verschweigt, um weiterhin repressiv tätig bleiben zu können. Für eine Besserung der Lage wird kein Geld ausgegeben und keine Energie investiert, da man Kranke auch für unproduktiv hält. Man verspricht sich auch keinen Profit. Aber bestens integrierte Menschen leisten dann doch sehr viel, wenn man sie denn anhören und sich ihrer Probleme annehmen würde. Psychische Erkrankung ist aber nur ein Beispiel von vielen in der Politik, die sich viel zu langsam bewegt. Und was gestern noch Recht war, kann morgen schon höchstes Unrecht sein. Mehr Liberalismus muss umgesetzt werden bei mehr Verantwortlichkeit für den Einzelnen. Wir sind nicht dazu da, alles einfach hinzunehmen, sondern müssen das verändern, was die Humanität angreift.

Henry David Thoreau: Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat. Frankfurt am Main. 1. Auflage 2001

Lebenscoaching

Wer sich mit Problemen herumplagt, braucht manchmal eine Unterstützung, die das eigene Umfeld nicht abdeckt. Darum wird ein Coach notwendig, der die Dinge objektiv sieht und dem Leben auf die Sprünge hilft.

Man kann nicht alles alleine schaffen, vor allem wenn es um das eigene Leben geht, das in die Entfaltung will und  muss, um gesund zu werden oder zu bleiben. Es geht nicht immer alles gut aus, weswegen man sich im Ernstfall Hilfe holen muss. Eigentlich ist es das keine Beratung, sondern ein gemeinsames Herausfinden von Ursachen und deren Bewältigung im Dialog. Der eigene Wille und die eigenen Neigungen sind dabei relevant für den Gesprächsprozess, der sich auf die Lebensführung bezieht auch und gerade bei Erkrankungen. Deswegen handelt es sich nicht nur um ein Lebenscoaching, sondern auch um ein Sinn- und Glückscoaching für ein besseres Wohlbefinden und für die Selbsterkenntnis im Kontakt mit einem Coach, der die Dinge des Lebens zur Sprache bringt. Am Leben sollte keiner verzweifeln, es gibt immer eine Lösung, die aus der Verirrung herausführt Wer nicht mehr weiter weiß, kann sich an Menschen wenden, die sich viele Gedanken über das Leben machen. Das Leben enthält Sackgassen und Stagnationen, die den Fluss unterbrechen und so zu Krankheiten führen können. Eine Sprache für die eigenen Schwierigkeiten zu finden ist daher kein Zeichen von Schwäche, sondern eins des Bewusstseins. Die eigene Aufgabe zu finden ist der erste Schritt in die Gesundheit.

Das Glück der zunehmenden Bewusstheit

Sicher kann man sich auch selbst coachen, aber dafür hat nicht jeder die Energie und vielleicht auch nicht das Wissen. Unwissenheit ist eine Ursache des Leidens. Bewusstseinsprozesse können im Dialog geklärt werden, so dass ein erfülltes Leben möglich wird. Wir sind nicht auf der Welt, um etwas zu ertragen, sondern um zu wachsen und zu reifen für mehr seelische und körperliche Gesundheit. Die verliert man schnell, wenn man die Zusammenhänge nicht klärt., in die man oft verstrickt ist. Zu ergründen, was man wirklich will und kann, setzt viel Selbstorganisation voraus. Wer nicht mehr zu sich selbst vordringt, lebt in Gefährdung, Und Selbstaufgabe hat viele Gesichter. Im Coaching geht es aber gerade um die Selbstentfaltung gegen die Resignation. Und komplexes Denken kann aus der Krankheit und dem Leiden herausführen. Bewusstsein macht glücklich, weil hier der Mensch frei wird von der Enge der Planlosigkeit. Es gibt Tage, an denen einfach nichts gelingt. Hier hat man meistens den Kontakt zu sich selbst verloren, sieht die Chancen nicht, sondern nur die Schwierigkeiten. Dabei ist es gar nicht so schwer, neuen Lebensmut zu finden und Energien zu bündeln für die Umsetzung seiner Ziele auch bei Einschränkungen durch eine Krankheit. Energie- und Kraftlosigkeit weisen auf unbearbeitete Probleme hin auch in der Identitätsfindung. Ich muss mich mit etwas identifizieren, damit das Selbstbewusstsein positiv wirken kann. Manchmal ist es das Erlebnis reinen Seins oder der Entdeckung von Fähigkeiten, die aus der Misere hinausführen.

Anleitung zum Selbstcoaching

Es geht darum, mit einem anderen Menschen, der selbst viel erlebt und durchlitten hat, einen guten Weg zu finden als Antwort auf ein manchmal kompliziertes Leben, das keinen roten Faden erkennen lässt. Für eine stabile Gesundheit braucht der Mensch den Erfolg, mit den Dingen in den Fluss zu kommen, die man sich ausgesucht hat. Die Arbeit an sich selbst gelingt nicht immer im Alleingang. Jeder Überflieger hat einen Coach im Hintergrund, der die Anleitung zum Selbstcoaching vermittelt gegen neue Abhängigkeiten, die nicht glücklich machen. Autonomie ist das höchste Ziel und die Voraussetzung für ein Gelingen des Lebens.  Auf diesem Weg kann man sich begleiten lassen gegen den blinden Fleck im eigenen Dasein. Coaching ist in jedem Alter sinnvoll, weil sich auch die Anforderungen wandeln und neue Ängste entstehen. Im Coaching kommt man an die eigenen Ressourcen heran, die Sinn vermitteln und aus den mentalen und manchmal auch körperlichen Beschwerden herausführen. Und mentale Gesundheit ist notwendig für die Durch- und Umsetzung von Vorhaben. Es ist also sinnvoll, sich etwas vornehmen über die Analyse von Probleme hinaus. Tätigwerden bringt die Dinge auf den Weg, entkrampft die Geschehnisse auch gegen allerlei Drogen, die real nichts verbessern, sondern nur ablenken vom eigentlichen Problem. Gegen ein Betäuben hilft die Bewusstseinsarbeit, die manchmal zu erstaunlichen Fortschritten führt und das eigene Leben transformiert. Kranke können so zu neuer Energie gelangen, die Dinge zu tun, die Freude bereiten und nach innen und außen wirken. Selbsterkenntnis und Neuordnung können eben auch angeleitet werden, wenn man sie selbst nicht schafft. So eröffnen sich neue Türen für ein erfülltes Leben bis ins hohe Alter hinein.

gabriele-kuehner@philosophische-beratung.net  (Honorar nach Vereinbarung) Bitte an diese Email schreiben für die Vergabe von Auftragstexten.

Die Müßigkeit des rein rationalen Denkens

Generell kann man feststellen, dass Analyse und logisches Denken zwar manchmal Sachverhalte klärt, aber nicht zu neuen Erkenntnissen führt.

Die Lektüre von Habilitationen hinterlässt manchmal eine gewisse Ratlosigkeit,, weil spürbar ist, dass der Diskurs hier ein rein wissenschaftlicher ist und damit beschränkt. Langeweile und eine gewisse Leere breiten sich aus. Auf eine Erweiterung des Bewusstseins hofft man hier vergebens. Ganz absurd wird es, wenn man sich Gott auf rationalem Weg nähern will. Die Rede von der „Armut im Geiste“ bezieht sich auch genau darauf. Es bedeutet nicht, dass jemand nichts im Kopf hat oder nicht denken kann, sondern dass er sich frei machen muss vom gewöhnlichen logischen Denken und auch von der Analyse. Das wissenschaftliche Denken führt häufig in ein gedankliches Gefängnis, das eine Verengung des Erkenntnisvermögens bedeutet. Ich kann auch Wissenschaft nicht an Sexualität koppeln, um dem Dilemma zu entgehen. Vielmehr ist es eine gefühlte Erfahrung, die ihre Berechtigung hat im Glauben, der ja bekanntlich Berge versetzen kann. Überzeugungen erfahren wir nicht über reines Denken, sondern eben auch über die Gefühle von Weite und Unbegrenztheit, die uns innerlich befreien und heilen. Wahres Leben ist nicht müßige Logik, sondern die Komplexität unseres Erfahrungsbewusstseins. Auf die vielen Irrtümer logischen Denkens kann hier nicht weiter eingegangen werden. Dahinter verbirgt sich nicht selten eine gewisse Lebensuntüchtigkeit, die auch zu schwerwiegenden Folgen führen kann. Wir begegnen uns auch nicht auf der logischen Ebene, sondern auf der interaktionalistischen bestenfalls der Resonanz oder der befremdenden der Polarität, die meistens nicht zu tieferen Gefühlen führt.

Wissenschaft beschränkt die Erfahrungskomplexität

Sicher, manchmal muss man sich Menschen auch vom Hals halten, die immer dasselbe sagen und meinen über die Wiederholung komme man ans Ziel. Hier funktioniert auch oft die Kommunikation nicht. Sie bringt nichts Neues zu Tage und langweilt ebenfalls. Nur sehr wenige Beziehungen sind in der Lage, neue Erkenntnisse zu generieren. Hierfür bedarf es wahrscheinlich wahrer Liebe, die nicht so häufig vorkommt und die nicht nur das Eigene im Anderen liebt und anerkennt. Es gibt auch Menschen, die die Andersheit eines Menschen einfach nicht anerkennen und meinen, sie müssten dem Anderen nur immer Recht geben, damit die Dinge weiter bestehen. Das ist vergeblich und ein Mangel an Charakter. Die Andersheit anzuerkennen, ist der Mut zur Differenz mit allen Konsequenzen wie der Begrenztheit der Intimität. Über einen gewissen Punkt kommt diese Bekanntschaft nie hinaus. Hintergrund hier ist meistens eine Ungleichheit des Interesses aneinander und der Interessen allgemein. Letztlich beschränken diese Schieflagen das Erkenntnisvermögen, weil es hier nicht befreiend sein kann. Das wäre es nur, wenn eine Übereinstimmung in den Grundhaltungen zum Leben vorliegt, das sich nicht beschränken will, sondern sich in der Fülle der Erfahrungsvielfalt zum Ausdruck bringt. Wir finden das vor allem in der Literatur und der Musik und ganz sicher nicht in den Wissenschaften.

Ohne Du kein Wachstum

In der Liebe kommen wir dieser Erkenntniserweiterung schon sehr nahe. Es ist hier nicht die Libido, die viele mit Liebe verwechseln, sondern die reine Zu- und Hinneigung zu einem anderen Menschen in Gegenseitigkeit, ohne den das Leben schwer und kompliziert wird, was keiner wollen kann. Es lohnt sich nicht, sich an Menschen abzuarbeiten, die solche Zusammenhänge schlichtweg leugnen oder nicht wahrhaben wollen, eigentlich nur auf der Suche nach sich selbst sind und selbst diese Frage nicht beantworten können. Wie wollen sie jemals bei jemand anderem ankommen? Die Beziehungsfrage bleibt bei diesen Menschen ungelöst und der Mensch seltsam tragisch unerlöst. Ganz unverständlich wird es, wenn jemand mit logischen Denken an einen anderen Menschen herangeht. Das ist armselig und genauso unerlöst. Das zeigt uns, wie dringend wir die Erkenntnis- und Bewusstseinserweiterung brauchen, um innerlich zu wachsen und zu reifen, ja um das zu erreichen, was wir uns vornehmen, denn oft ist es die Begegnung mit einem anderen Menschen, die die Energie liefert für ein erfolgreiches und glückliches Leben. Dieser Andere kann auch Gott sein oder Jesus Christus, dessen Stimme wir oft genug überhören. Wir tragen sie in uns, sie ist aber nicht identisch mit dem eigenen Ich. Es ist ein innerer Austausch, ein notwendiger Diskurs, der für den sich entfaltenden Menschen konstitutiv ist. Allein schaffen wir das nicht, der Mensch bleibt eindimensional und einsilbig, er dringt nicht zu sich selbst durch und tut eben oft das Falsche. Wahre Liebe ist die Lösung gegen ewige Stagnation und wenn es die Liebe zu Gott ist für ein komplexeres Denken und für den Mut, etwas zu wagen im Leben, dessen Ausgang wir noch nicht übersehen können.

Gewidmet der Jugend, die hoffentlich im Herzen immer weiter besteht (Sing Street, Arte 06.08.21 2015Uhr)