Die sozialen Implikationen einer neurowissenschaftlichen Ethik

Die Zeiten eines eher diffusen Miteinanders und des Beschwörens von undifferenzierter Gemeinschaft sind vorbei. Wir müssen hier genauer betrachten

Es wird wieder viel von Solidarität und Gemeinschaftssinn gefaselt, ohne genauer zu erläutern, wie dies konkret aussehen soll. Wenn wir von Verbundenheit reden, so meinen wir eine ganz allgemeine mit einem Kosmos und nicht mit konkreten Menschen. Hier bleibt das Kriterium der Sympathie und der Auswahl ausschlaggebend für die Bildung von Wachstumssystemen, die wir im Grunde wollen, die aber nicht mit jedermann möglich sind. Das Gehirn will die lebenslange Entwicklung und muss sich dafür die entsprechende Nische suchen, denn im Allgemeinen kann kein Gehirn wirksam und produktiv werden. Es muss sich entscheiden für oder gegen etwas. Wir müssen also immer eine Auswahl treffen, um nicht selbst auf der Strecke zu bleiben. Wer sich selbst gerne weiterentwickelt, wird in einem Umfeld der Nichtentwicklung nicht nur zutiefst unglücklich, sondern hoffnungslos in der Gefahr des Gehirninfarktes. Es gibt nichts Schlimmeres als eine Stagnation, die die Entfaltung der neuronalen Schaltungen blockiert, so dass das Gehirn in sich zusammenbricht. Wer nach Emergenzen das determinierende und blockierende Umfeld nicht verlässt, der geht ein hohes Risiko einer Erkrankung ein, denn Höherentwicklungen treffen bei Nichtentwicklern auf keine Resonanz. Gehirne suchen andere Gehirne, die in selbstorganisierter Form den Austausch wollen für eine zunächst exklusive Formation im Sinne einer Neuorganisation in einer Peergruppe mit dem Ziel der Erweiterung von Einsichten. Diese Übereinkünfte können nicht alles integrieren, sondern müssen sich abgrenzen, um zu neuen Ergebnissen zu kommen. Es sind Forschungsgemeinschaften, die aus der Banalität des Alltags aussteigen, um den Gehalt von Erkenntnissen synergetisch erfassen zu können oder der Alleingang wird unabdingbar, um sich neu zu organisieren. Es gibt dysfunktionale Beziehungen und Systeme. Die müssen in ihrer Virulenz erkannt und verstanden werden.

Emergente Strukturen suchen nach anderen emergenten Strukturen

Synergie erfolgt nicht unter Ungleichen. Diese Gehirne reagieren nicht aufeinander, sondern führen zu Ausbeutungsverhalten. Man nimmt trotzdem, was der andere nicht geben will, und es entsteht die Schieflage, die ein erster Schritt ist zum Abbau neuronaler Verschaltungen. Wer nicht selbst intensiv an sich arbeitet, kann  nicht in Kontakt treten mit emergenten Gehirnen, die alles dafür tun, um Emergenzen zu erzeugen und zu erhalten für die eigene Gesundheit und Produktivität. Komplexität ist eine Frage von Impulsen, die die eigene Richtung verstärken und kein allgemeiner und beliebiger Prozess. Wenn man ein System bilden will, das hoch produktiv sein soll, müssen die subjektiven Voraussetzungen stimmen, d.h. die Voraussetzungen in die Entwicklung von Emergenzen und ihren Folgen müssen eingesehen werden können. Emergente Strukturen sind dann berechenbar und können das eigene Potenzial deutlich heben. Stimmen die Voraussetzungen nicht durch welche Faktoren auch immer, schaltet das Gehirn weitgehend ab bis in die Reaktion einer Depression, weil starke Differenzen keine Resonanz erzeugen, sondern Abwehr. Unter diesen Bedingungen arbeitet das Großhirn nicht mehr optimal und kann kollabieren. Intrinsisch aufgebaute Menschen suchen natürlich ähnlich Strukturierte, um die eigenen Fortschritte zu stabilisieren für weitere Prozesse der Entwicklung. Wenn wir verstanden haben, dass sich das Gehirn lebenslang entwickeln will und muss für den Erhalt der eigenen Gesundheit, bedarf es einer Ethik der Wahl gegen alle Zwänge der Gleichschaltung und Vergesellschaftung. Wir suchen zwar Gleiche, aber das ist ein höchst freiheitlicher Prozess. Wir können nichts erzwingen. Was nicht in die Synergie führt, ist meistens im Kern faul und Abwehr ist die Folge. Einseitigkeiten aller Art verletzen das Gehirn und können es so schwer beschädigen, dass es unfähig wird, sich selbst zu organisieren. Es driftet in die mentale Krankheit ab. Wir sind also gezwungen, auf uns selbst zu achten und das herauszuhalten aus dem Leben, was sich als unpassend und störend erweist. Das bedeutet keine Eindimensionalität, sondern zunächst einmal Sicherheit für das eigene Leben, von dem aus man agieren und sich die Nische sucht, in der das Gehirn dann uneingeschränkt produktiv werden kann, denn das ist unser Kapital für das Gelingen des Lebens und die Arbeit von morgen.

Wir brauchen die Kompatibilität

Wir haben also nichts davon, alle und jeden ins eigene Leben zu lassen, denn hier werden wir überfordert von den falschen Ansprüchen und Erwartungen, die wir nicht erfüllen wollen und können. Wir müssen nicht die Rede verweigern, aber wir müssen die Grenzen ziehen und festlegen, wohin sich etwas bewegen kann und wohin nicht. Für die eigene Orientierung ist es also wichtig, die eigenen Ziele so deutlich wie möglich zu thematisieren und zu erkennen, dass viele Ziele nicht kompatibel sind. Auf die Kompatibilität sind wir aber neuronal angewiesen. Sie lässt sich nicht korrumpieren und muss bei vollem Bewusstsein die Konsequenzen ziehen. Wer sich durch die Möglichkeit der Emergenzen öffnet, trifft auch auf offen Türen. Wo sie verschlossen bleiben, sucht man sich andere. Die Fokussierung auf Ziele an sich hat schon eine Ordnungsfunktion, die dann in Korrelation mit anderen entwickelten Systemen führt. Die Entwicklungsstufen sind variabel und Unterscheidungskriterien für die Bildung von Systemen und Beziehungen. Sprich: Wer auf die falschen Leute trifft nach einer Emergenzentwicklung kann schweren Schaden nehmen, denn die empfundene Ungleichheit des Unterlegenen wird dann gewalttätig ausgesetzt. Auf beiden Seiten führt dies zu großem Unbehagen. Viele Menschen sehen eine lebenslange Entwicklung nicht als ihr Ziel an und verharren in der Position der Stagnation als vermeintliche Sicherheit. Sie begeben sich nicht auf die Suche nach dem Innersten und der eigenen objektiven Wahrheit, die durch den vertikalen Weg erreichbar ist. Alles andere bleibt subjektiv und kommt nicht wirklich zu sich selbst und damit auch nicht zu anderen. Es bleibt eine Wand. Letztlich ist das emergente Gehirn auf der Suche nach anderen emergenten Gehirnen, die immer zu besonderen Erkenntnissen kommen und sich dadurch besser orientieren und Schwierigkeiten deutlicher benennen können. Wer Emergenzen gewalttätig behindert, begeht eigentlich eine Straftat, denn unser Gehirn ist so angelegt, dass es höhere Stufen der Entwicklung anstrebt, um untergeordnete Probleme besser auflösen zu können. Bekanntschaften benötigen also eine entsprechende Sorgfalt und Vorsicht, da unterschiedlich entwickelte Gehirne sich gegenseitig Schaden zufügen können. Dies gilt insbesondere für die Nichtentwickelten, die mit Aggressionen reagieren. Nichtentwicklung (aus welchem Grund auch immer) blockiert Höherentwicklung.

Besser keine Kollaboration

Selbstorganisation erfordert generisches Wachstum in Kooperation mit Gleichinteressierten, die zu einer hohen Koinzidenz fähig sind. Die Kollaboration ist und bleibt eine Gefährdung für die Eigenentwicklung, die nicht mehr zu Emergenzen führt und die Komplexität dadurch mindert, die wir für die Selbstheilungskräfte ausdifferenziert haben. System- und Beziehungsbildung unterliegen den Gesetzen möglichst höchster Resonanz und Verständigung, die zu einer inneren positiven Dynamik führen und damit zu tiefster Lebendigkeit im Erleben von Übereinstimmung. Wo dies alles fehlt, degeneriert das Gehirn und führt nicht mehr zu emergenten Lagen, die wir aber für den Selbsterhalt und die Erneuerung unseres gesamten Organismus benötigen. Nur hier können wir uns spiegeln und uns wohl fühlen in einer Wahlgemeinschaft. Wo diese Wahlmöglichkeiten stark eingeschränkt werden, wird die gesamte Gesundheit in Mitleidenschaft gezogen und Krankheiten sind vorprogrammiert. Innere Selbstorganisation führt in die Selbstverantwortung gegen jede Form der Beratschlagung und Bevormundung. Ist es einmal angestoßen, wächst es aus sich selbst heraus in die Blüte der ausdifferenzierten Entfaltung für die freie Emergenzentwicklung in vertikaler Orientierung. Festlegungen in jeder Form gegen den Willen von Menschen sind Straftaten gegen die Entwicklungsteleologie des gesunden Gehirns. Für die Erkenntnis- und Gesundheitsgenerierung bedarf es der vertikalen Systemöffnung auch für die neue Systembildung nach emergenten Prozessen in der Selbstorganisation.

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