Vemeintlicher Wohlstand wie in Deutschland bedeutet noch lange nicht Glück und Gesundheit. Das ist mehr als deutlich. Hier ist man eine gewisse Menschenfeindlichkeit einfach nicht losgeworden, die aber auch wohl alle irgendwie bedrückt
Die Tendenz, Menschen in die Unmündigkeit zu treiben und ihnen die Selbstverantwortung zu nehmen, können und wollen sich andere Länder gar nicht leisten. Also erhalten sie dort auch die Chance für den Wiederaufbau, wenn sie einmal gescheitert sind auch durch Krankheiten. Ein System, das nur allzu leicht ausgrenzt auch aus dem Arbeitsleben und oft konsequent weitere Abbaumaßnahmen initiiert, muss sich die Kritik gefallen lassen, dass es immer noch dazu neigt, Menschen ins Abseits zu befördern unter dem Deckmantel erklärter Fürsorge. Nun führt das zu einem enormen Pflegebedarf. Gerald Hüther erklärt immer wieder eindringlich, wie wichtig es ist, sein Gehirn oder seinen Geist zu aktivieren. Er sagt, das Gehirn ist so, wie man es benutzt. Und der Körper ist ebenfalls ein Resultat geistiger Aktivität oder eben Inaktivität. Wer resigniert und das Leben nicht mehr als positive Herausforderung betrachtet, wird abhängig von der Fürsorge anderer. Krankheiten müssen kein Hindernis sein, das Leben zu bewältigen. Sicher, wer nicht kann, der soll auch in Ruhe gelassen werden, aber er soll sich auch wieder für Dinge begeistern können und sich mental aufbauen.
Eine Kultur der Möglichkeiten ist eine Kultur der Gesundheit
In Amerika legt man Menschen, die Ehrgeiz und Interesse haben keine Steine in den Weg. Wer etwas leisten möchte, der erhält auch oft eine Chance – egal, unter welcher Einschränkung er möglicherweise leidet. Elyn Saks ist Professorin für Recht, Psychiatrie, Psychologie und Verhaltenswissenschaften in Californien. In ihrem 16. Lebensjahr ist sie an Schizophrenie erkrankt, einer Krankheit, die heute leider immer noch dämonisiert, als degenerative Erkrankung missverstanden und auch kriminalisiert wird. Elyn Saks ist eine absoute Spezialistin und ein Glücksfall für die Wissenschaft, denn sie kennt beide Seiten einer Erkrankung und sie ist ein Beweis für die Falschheit der vielen Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen. Es geht hier auch um ein Potential, das man entweder aussetzt wie in Deutschland oder eben befördert. Eine Karriere, wie sie nur in Amerika möglich ist. Es ranken also nur Vorurteile um diese Erkrankung auch insbesondere durch Ärzte, die letztlich viel Unbewiesenes dogmatisch vertreten. Der Zusammenhang von Ungewissheit und Dogmatik ist ja weitgehend bekannt und wird dann oft zu einem Phänomen der Intoleranz und der Stigmatisierung. In Amerika ist man wesentlich vorsichtiger und schaut sich die Dinge genauer an, wo hier in Deutschland pauschalisiert und Stereotypien verbreitet werden. Man differenziert hier nicht und hat auch kein Interesse daran, denn da wartet ja ein Abschiebesystem, das als sozial deklariert wird. Menschen brauchen aber die Teilhabe und gute Beziehungen zu möglichst hochqualitativen Leuten, also Menschen, die es gut meinen und unterstützen vor allem auch die eigene Entwicklung, die lebenslang anhält und erst mit dem Tod endet. Man sollte sich auch fragen, was man eigentlich unter Identität versteht. Wer sich Neuem gegenüber öffnet, der wird innerlich wachsen und beweglich bleiben, wer stehenbleibt, wird verhärten und Strukturen befürworten, die einengen.
Wo Wandel und Veränderung als Chance anerkannt wird
Der Grund, warum Deutschland kein Land der Hoffnung und der Zuversicht ist, Menschen auch immer wieder ausgrenzt, liegt an der Mentalität, die nicht integrierend ist und nicht wirklich offen. Es ist eine Form der Menschenfeindlichkeit zu erkennen. Nur allzu leicht verfällt diese Mentalität der Versuchung, Menschen an den Rand zu drängen und hier zu verwalten durch ein bürokratisches System. Das macht keine Freude und inspiriert niemanden. Die dunkle Wolke der Resignation hängt über einer Bestrebung nach Vereinheitlichung, die vor allem in Amerika undenkbar ist. Eigeninitiatve wird hier belohnt, in Deutschland oft sabotiert und unterminiert. Auch ein allgemeiner Pathologisierungswahn führt hier deutlich zu negativen Konsequenzen für Betroffene. Schon Brüche im Lebenslauf verdächtigen Menschen und erregen Misstrauen. Die Bereitschaft zur Verständigung ist auch eher gering. Menschen sind aber lebendige Wesen, die ständig einem Wandel unterliegen. Wir müssen uns auch an diese Fähigkeit immer wieder erinnern, anstatt zu erstarren. Diese Wandelbarkeit ist ein evolutiver Vorteil, wird aber nicht in allen Kulturen entsprechend gewürdigt. Festlegungen, Determinierungen führen oft in die Auswegslosigkeit und zur inneren Kapitulation. Durchschauen wir also die Kulturen besser und lernen von denen, die die besseren Voraussetzungen für Glück und Gesundheit besitzen. Auch in der Schweiz wurde basisdemokratisch beschlossen, dass Naturheilmittel und alternative Maßnahmen im Zuge der Erkenntnis ganzheitlicher Gesundheit von den Krankenkassen bezahlt werden. Wer also Glück und Gesundheit sucht, der mache sich wohl besser auf den Weg…
https://gould.usc.edu/faculty/centers/saks/
Gerald Hüther: Etwas mehr Hirn, bitte. Eine Einladung der Wiederentdeckung der Freude am eigenen Denken und der Lust am gemeinsamen Gestalten. Göttingen 2015