Stress und Gehirn

Schlechte Beziehungen und dysfunktionale Systeme machen unproduktiv. In wirklich guten Beziehungen kann man produktiv über sich selbst hinauswachsen. Wir sind also sehr abhängig voneinander und sollten uns das auch bewusst machen, wenn wir in Beziehung treten. Die nicht zutreffende Meinung ist die , dass jeder selber schuld sei, wenn er nicht so leistungsfähig ist. Negative Informationen blockieren sofort das Denksystem und damit auch unsere Handlungsfähigkeit. Noch verheerender wirkt Langzeitstress, der unser klares Denken fast völlig aushebelt und das Immunsystem extrem angreift. Die Daueraktivierung der HHN-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden- Achse) beeinträchtigt den Präfrontalcortex (Bereich der Vernunft und der Logik sowie des Willens) und die Großhirnrinde. Außerdem beginnt bei Langzeitstress ein Abbau des Hypothalamus, was alle Gedächtnisleistungen erheblich einschränkt und zu einem Blackout führt. Der Mensch darf also nie in solche existenziellen Langzeitstresslagen hineingeraten, da ein die Gesundheit gefährdender Abbau im Gehirn stattfindet. Jeder, der das einmal erlebt hat, weiß, mit wie viel Panik und Entsetzen dies einhergeht.

Das Bündnis 90/Grüne und die Linke haben einen längst fälligen Antrag für eine Antistressverordnung vorgelegt, da chronischer Stress zu schweren organischen und psychischen Erkrankungen führen kann. Es geht aber nicht nur um das Arbeitsleben, sondern auch um Ausbildungsinstitutionen wie die Universität, die Zwangsexmatrikulationen und Zwangsabschlüsse für ein adäquates Rechtsmittel hält. Wer aber nicht in der Verfassung ist, eine Prüfung machen zu können – aus welchen Gründen auch immer-, der darf nicht in solche Zwangsmaßnahmen geraten, denn die können das ganze weitere Leben schwerstens belasten, indem der Betroffene dadurch mental oder organisch erkrankt. Die Forschungsergebnisse der Psychoneuroimmunologie bestätigen die virulenten Folgen solcher Druck- und Repressionsmaßnahmen. Menschenfeindlicher Hintergrund hier: Der Mensch ist faul und muss eben so richtig unter Druck gesetzt werden, damit er etwas leistet. Wir wissen, welche Fraktion sich immer wieder so Gehör verschafft… Aber Tatsache ist, dass jeder seine Berufung finden will, weil davon eben auch die Gesundheit und das Lebensglück abhängen. Jeder will produktiv sein, weil sich daraus viel Sinn ableiten lässt und das Leben als gelungen erlebt wird. Denn wir leben nicht, um zu arbeiten, sondern wir leben, um uns durch Arbeit zu entwickeln und bestenfalls dafür auch noch Geld zu bekommen. Keiner wird nur Steuerzahler, sondern will die eigenen Fähigkeiten und Einsichten umsetzen, denn das garantiert Gesundheit.

Unsre Gehirn ist ein sensibles Organ, das durch entsprechende Gesetze dringend besser geschützt werden muss; die hohen Erkrankungszahlen bezeugen diese Notwendigkeit. Aber die Regierung ist dagegen, schwafelt arbeitgeberfreundlich von ausreichendem Schutz. Leider gibt es real aber gar keinen. Obwohl wir wissen, dass Stress krank macht und der Mensch sich nicht ohne schwere Schäden an Langzeitstress gewöhnen kann, wird nichts unternommen. Anstatt Menschen aus Universitäten rauszuschmeißen, sollte man eine Stelle einrichten für Menschen, die Probleme im Laufe ihres Studiums entwickelt haben, die selten fachlicher Natur sind. Gesundheitliche Einschränkungen, zu hohe Begabungen (führen zu enormen Problemen), private Schicksalsschläge, universeller Ehrgeiz, private Probleme, Mobbing auch im Studium, etc. können ein Studium verlängern. Diese Menschen darf man nicht einfach auf den Arbeitsmarkt zwingen, sondern muss mit ihnen Konzepte erarbeiten, wie sie ihre Probleme überwinden können, damit sie  später ihre Nische finden und so gesund bleiben.

Stresssignale unterdrücken das langsame bewusste Denken. Das führt zu einer verminderten bewussten Wahrnehmung und zu einer reduzierten Intelligenz. Allein das sollte uns hellhörig machen. Das Gehirn wird geschädigt. Dadurch wird man arbeitsmäßig völlig falsch integriert und der Stress geht weiter, bis dieser Mensch ganz ausfällt. Jeder kranke Mensch ist auch ein volkswirtschaftlicher Schaden. Keiner kann also ein Interesse daran haben, dass Menschen gewaltsam „reduziert“ werden und dann auf völlig unpassenden Arbeitsstellen verkümmern. Es ist die Pflicht einer menschenfreundlicheren Politik auf die Bedürfnisse von Menschen einzugehen, denn Probleme entstehen überall und man kann sie gemeinsam lösen. Solche Stellen sind eine Notwendigkeit, um Menschen wieder auf die Beine zu helfen, denn wir alle profitieren davon. Einfach nur Existenzstress zu erzeugen ist  rücksichtslos primitiv und sollte unter Strafe stehen.

Anhaltendes Leiden verursacht ebenfalls Stress im Organismus. Es ist also auch hier zu befürchten, dass das Gehirn irgendwann zusammenbricht.  Was kontinuierliche negative Informationen im Körper anrichten, begreifen wir, wenn wir merken, wie der gesamte Organismus gehemmt wird, wenn uns Hass und Aggression entgegenschlagen. Das kann sogar zu körperlichen Schmerzen führen. Man darf sich Stress nicht als helle Aufregung vorstellen. Er ist ein schleichendes Gift, das großen Schaden anrichtet und über freie Radikale den Körper angreift.  Auch Stress und Gewalt haben genuin nichts miteinander zu tun. Viele wollen schon Kritik unterbinden, was natürlich nur lähmt. Kritik ist nicht Ausdruck von Aggression, sondern das Ergebnis von Überlegungen. Und davon kann es gar nicht genug geben.  Und ein Vorurteil, das eingehend überdacht werden muss, ist die Annahme, dass Stress zu einer Kampf- oder Fluchtreaktion führt. Die häufigste Reaktion ist hier nämlich die Ohnmacht.

(siehe: Gehirn und Geist: Gehirn unter Druck. Nr. 06/2017 Seite 13ff)

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