Seltsame Übereinstimmungen

Bei längerem Nachdenken offenbart sich ein Zusammenhang, der vordergründig als paradox erscheint: Heidentum, also irrationaler Atheismus, hat viel gemeinsam mit religiösem Fundamentalismus, denn beide Ansichten weisen auf einen beschränkten und hoch determinierten Verstand hin. Ulrich Schnabel äußert das Problem in Bezug auf den religiösen Fundamentalismus, der die Bibel wortwörtlich nimmt, wie folgt: “ Doch wer solche Erzählungen wortwörtlich nimmt und sie nicht als metaphorische Berichte von schwer fassbaren Erscheinungen versteht, begeht denselben Fehler wie viele Fundamentalisten. Beide reduzieren Religion auf ein System von dogmatischen Lehrsätzen, an die man strikt zu glauben hat. Sie verkennen jedoch das eigentliche Wesen der Religion als einer Kraft, die den Menschen gerade über diesen Horizont der eigenen, beschränkten Erkenntnisfähigkeit hinauszuführen versucht“ (S. 23). Das ist eine elementare Erkenntnis bezüglich des Sinns von Religion als einer Möglichkeit, Differenzen zu erkennen, sie aber nicht dafür zu nutzen, Menschen zu verdammen oder auszugrenzen, sondern die Hoffnung auf Wandel und Veränderung wach zu halten. Nächstenliebe beispielsweise ist der Dialog, auch andere an eigenen Einsichten teilnehmen zu lassen. Dies gilt besonders für tiefe religiöse Erkenntnisse, die wir als Erleuchtung bezeichnen.

Das Unterscheidende zwischen Heidentum und Religion liegt darin, dass der Eine sich selbst verherrlicht und der Andere sich aus Ichschwäche vor „idealisierten Autoritäten der Eigengruppe“ (S. 138f) unterwirft. Die Gemeinsamkeit wiederum liegt im Misstrauen und in der Feindseligkeit gegenüber Andersdenkenden. Strenge Vertretung eines Glaubenssystems und dessen Ahndung bei Übertretung ist zutiefst unchristlich und trägt damit heidnische Züge. Es ist zu vermuten, dass beide Orientierungen eigentlich von spirituellen Einsichten keine Ahnung haben und deswegen dogmatisch und ausgrenzend reagieren. Ihr Urteil ist das letztgültige, Zweifel an der eigenen Wahrheit werden so eliminiert. Dieses Fehlen von spirituellen Erfahrungen der Emergenz und der Transzendenz wirkt sich dann entsprechend trennend und verfehlend aus. Man kann fast sagen, dass die Wahrheit nicht durchscheint, wenn ich nicht in der Lage bin, den höchsten Standpunkt einzunehmen. Das Leben bleibt seltsam flach und ideologisiert sich gegen andere Ideologien.

Es geht nicht um einen unbegründbaren Mystizismus, sondern um Erfahrungen von Einheit und Sinn. Von hier aus können ungute Verstrickungen und Ärgernisse aufgelöst werden. Auch der Nährboden für Traumata kann hier überwunden werden. Ich durchschaue die Defizite bei anderen wie die eigenen und bin in der Lage, mich der Wahrheit anzunähern, ohne dass mich das aus der Bahn wirft. Ich löse ungute Zusammenhänge auf durch ihre Erkenntnis, die den Wandel einleitet. Für diesen Wandel benötige ich diese spirituelle und religiöse Energie, die mich zu einem authentischen Menschen macht, der sich als wirksam erlebt. Man muss also ganz zu sich gekommen sein, um wieder Abstand von sich zu erlangen. Das Leugnen einer höheren Macht und Energie hat aber dieselben Konsequenzen wie das Erleben eines Gottes als Richtender und Strafender: Das geistig-seelische Wachstum ist eingeschränkt. Das eigene Denken wird absolut gesetzt und ist von nun an maßgeblich. Kein Dialog kann daran wirklich etwas ändern, wenn die Erfahrung höherer Zusammenhänge fehlt. Beide schätzen die Realität falsch ein und lassen andere unter dem Mangel an Einsichten leiden. Volle Entfaltung ist hier eben nicht möglich, die ja erst tiefere Erkenntnisse zulässt für Reifung und Wachstum. Dafür brauche ich die Transformation über die Emergenz. Ändern kann ich nur etwas, indem ich genau erkenne, was ist. Auch die Kraft für das Unveränderliche erhalte ich in erster Linie über die spirituelle Orientierung, die keine Dogmen kennt, aber dafür die unbegrenzte Weite der Vernunft erfahrbar macht gegen alle weltlichen Konditionierungen.  Wer diesen Raum der inneren Freiheit nicht erfährt, bleibt eben Heide und Fundamentalist. Beiden fehlt die Einsicht in das Wesen des Glaubens.

Ulrich Schabel: Die Vermessung des Glaubens. München 2010, 1. Auflage

Emergenz

Der heutige Konsens hält den Dualismus Descartes für vollständig überholt. Demnach sind Körper und Geist eine Einheit, der Geist nur ein Epiphänomen neuronaler Strukturen. Somit wären Geist und Körper identisch. Der Materialismus hat Folgen, denn dem Geist wird keine eigenständige Macht zugeschrieben. Wenn man den Geist heilen will, behandelt man lediglich den Organismus. Diese Reduktion hat etwas Inhumanes und enorm Resignatives, ja etwas bedenklich Profanes. Der Mensch wird nicht mehr als Individuum mit eigener Lebensgeschichte und eigenen Erfahrungen betrachtet, sondern als Fall einer ohnehin fragwürdigen Diagnose. Also wird man dem Menschen an sich nicht gerecht und kann auch mentale Erkrankungen nicht heilen, denn dafür muss ich das persönliche und sehr individuelle Problem eines Menschen kennen. Das dürfte einleuchten.

Es ist bisher nicht bewiesen worden, dass der Mensch in einer Sphäre der Emergenz organische Bedingtheiten nicht überwinden kann, wie dies vermutlich aber bei Spontanheilungen geschieht. Wir hätten also nicht nur ein Empfinden von Freiheit und Energie, sondern das wäre dann eben die  innere Freiheit von Determinierungen und damit von allerlei Erkrankungen. Es geht hier um eine vertikale Orientierung der Transzendenz, die wir als Verbindung zu etwas Höherem bzw. Göttlichem wahrnehmen. Alle Religionen streben auf diesen Zustand der Emergenz hin. Er ist erreichbar durch eine Reihe von Maßnahmen, die jeder anwenden kann, allerdings unterscheiden die sich von Religion zu Religion oder Weltanschauung. Diese Form der höchsten Ordnung und auch der stoischen Reorganisation ist nicht dem Zufall zuzuschreiben, sondern eben bestimmter Methoden der Disziplinierung bzw. der Askese, weil ihr eine hohe  ordnende Energie zukommt gegen die Zerrüttungen durch unterschiedlichste Emotionen. Hier kennen sich vor allem Buddhisten gut aus. Die horizontalen Ärgernisse können durch eine vertikale Ausrichtung relativiert werden und selbst Traumata können überwunden werden: Es handelt sich um verletzende Prägungen, die das Gehirn in schwere Unruhen versetzen können.

Der Alltagsverstand ahnt meistens wenig von den Emergenzmöglichkeiten des Menschen. Deshalb brauchen wir Tage der Kontemplation, um diese Möglichkeit von Freiheit, Glück und Gesundheit zu erreichen. Emergenz kann also eine Homöostase bewirken, ist aber nicht die Folge einer Homöostase. Weil aber kranke Menschen diese Emergenz erfahren können, spricht sie gegen die These einer Identität von Geist und Körper. Es ist eine durchweg spirituelle Erfahrung höchster Energien, die auf den Organismus zurückwirken. Religion ist also nicht nur ein soziokulturelles Phänomen, sondern beinhaltet eine Heilungskraft, die wir als Selbstheilung bezeichnen. Dafür muss ich das horizontale Durcheinander verlassen können, mich herausnehmen aus den Dingen des verstörenden Alltags. Das ist der Grund, warum einige Menschen in Klöster eintreten. Sie wollen ihre Emergenz erhalten, so dass es zu einer Art Evolution des Bewusstseins kommt, durch das wir neue Erkenntnisse und Einsichten gewinnen, vor allem aber unsere Urteilskraft weiter entwickelt wird. Ich selbst habe es in der Hand, ob mein Geist organisch determiniert bleibt oder ob ich ihn sukzessive herauslöse und mich in dieser inneren Freiheit  als innere Burg mit Öffnung nach oben geborgen fühle und zu einem Urvertrauen zurückfinde, das im Laufe des hektischen und auch rücksichtslosen Lebens verloren geht.

Emergenz macht das Leben erträglicher und es finden sich oft gute Lösungen für alte Probleme. Wir bezeichnen diese Fähigkeit als Macht und Vollkommenheit Gottes. In diesem Zustand der völligen Emergenz mögen sich Jesus Christus und andere Heilige befunden haben. Wir können lernen, uns selbst in diesen Zustand zu versetzen, indem wir uns beschränken in Gier, Begierde und anderen Emotionen, die nicht selten zu Illusionen und sogar zu Halluzinationen führen (starke Aktivierung der rechten Gehirnhälfte). Wer aber die Wahrheit liebt, der bleibt skeptisch gegenüber den doch oft extremen Schwankungen des menschlichen Gemüts. Um Dinge verändern zu können, muss ich sie durchschaut haben bei einem gut funktionierenden Urteilsvermögen. Auch kann der Mensch sich selber ändern durch die hohe Transformationskraft in emergenten Zuständen der Komplexität. Über die vertikale Orientierung kann der Mensch sich selbst aus dem Sumpf ziehen, was nicht länger als ein unmögliches Münchhausen-Syndrom verschrien ist und sich hier der Mensch in Abhängigkeit zu anderen Menschen begeben müsste. Mit der vertikalen Bewegung ist auch zugleich ein Abstand zu den subjektiven Regungen gegeben. Ich bin so in der Lage, mich selbst zu objektivieren und kann hier über die Bewusstseinsarbeit an mein Innerstes herankommen und es verändern. Wer die Welt ändern will, ohne sich selbst zu ändern, der läuft gegen eine Wand und wird krank an den bestehenden Verhältnissen. Und die eigene hohe innere Beweglichkeit verändert auch immer äußere Bedingungen.

Der Skandal Psychiatrie

Der Fall Mollath hätte eigentlich zu einem Umdenken in psychiatrischen Kreisen führen müssen, aber nichts hat sich geändert. Die Psychiatrie verabreicht Menschen seltsame Diagnosen, die oft die Wahrheit des Betroffenen verfehlen. Wer psychisch erkrankt, ist Opfer geworden von Ungerechtigkeiten, Formen der Gewalt und von Stress. Man kann das gar nicht oft genug thematisieren. Eine mentale Krankheit entsteht nicht aus dem Nichts und schon gar nicht sind die Betroffenen selber schuld. Die Frage der Schuld und der Schuldigen muss aber beantwortet werden, um den Kern der Erkrankung zu ergründen. Was oberflächlich oft als Wahn bezeichnet wird, ist nicht selten der Versuch, Gerechtigkeit herzustellen und auf Vergehen anderer hinzuweisen wie auch auf das Verschulden einer Psychiatrie, die Menschen über Rechtsverletzungen zur Einnahme von Medikamenten zwingt, aber kein einziges Problem löst. Das reine Wegdrücken von Symptomen ist nicht deren Heilung.  Man sollte dringend darüber nachdenken, Menschen mit mentalen Erkrankungen zu Hause zu behandeln, da Einweisungen in Kliniken nur die Traumata verschlimmern und die schlechten Erfahrungen vermehren. Ein mental kranker Mensch hat das Vertrauen ins Leben verloren. Er gewinnt es durch erneute Gewalt gegen ihn nicht zurück. Menschliche Zuwendung des Verständnisses könnten ihn auf den gesunden Weg zurückbringen.

Mehr Sensibilität ist gefordert, anstatt Menschen zu stigmatisieren oder zu dämonisieren. Eine sogenannte Psychose ist der Versuch einer Heilung. Also muss man sich diese Symptome auch genauer ansehen, um diesen eher verdrehten Prozess eines Heilungsversuches in einen gesunden zu verwandeln. Die Eigenkräfte sollten mobilisiert  und nicht unterminiert werden. Das leistet die derzeitige Psychiatrie überhaupt nicht. Sie belastet die Betroffenen mit dubiosen Diagnosen, ohne sich dem Problem anzunähern. Inhalte werden als wirres Zeug abgetan, anstatt den Kern der Wahrheit hinter den Symptomen zu analysieren. Dieser Befreiungsimpuls wird regelrecht verweigert, man ignoriert alle Inhalte. Der Patient verlässt die Klinik dann mit allen alten ungelösten Problemen, die sich durch Einweisungen nur chronifizieren. Das Herausreißen aus dem Alltag verursacht ein neues Trauma, das Menschen auf Dauer schädigen kann, denn der Kranke erlebt diese Übergriffe nicht als gerecht oder angemessen. Sie sind es auch nicht, sondern schwere Verletzungen der Rechte und der Würde.

Es gibt nichts Zweifelhafteres als psychiatrische Gutachten, durch die sich Ärzte profilieren, aber dem Betroffenen nicht gerecht werden. Das Denken eines Menschen kann vorübergehend beeinträchtigt werden, wenn ein Problem auf Dauer weiter besteht und die Bearbeitung verweigert wird, weil der Geisteszustand angezweifelt wird. Aber jeder Mensch hat gesunde Anteile, an die appelliert werden kann und die befördert werden müssen, damit die Heilungsenergie wieder initiiert wird. Eine Strategie der Ermutigung, des Empowerments wird aber nur selten eingesetzt. Der Zusammenbruch des kompensierenden Denkens heißt nicht, dass dieser Mensch vollkommen alle Geisteskräfte verloren hätte. Sie sind überlagert von vorherrschenden Gedanken, die nicht mehr untergeordnet werden können. Die Ordnungsfunktion geht also verloren. Die ist aber reaktivierbar, wenn man sich denn auf den Patienten einlassen würde, anstatt ihn einfach mit Medikamenten zuzuschütten, so dass er nichts mehr von seiner Problematik spürt. Die arbeitet aber weiter in ihm und verschafft sich in der nächsten Krise wieder Gehör. Wann also wird eine Psychiatrie überflüssig oder humaner, so dass ein Patient mit mehr Wissen über sich selbst und über seine Problem entlassen wird? Dazu bedarf es hoher therapeutischer Kompetenz, den Kern des Problems ansprechen zu können, so dass das Bewusstsein für die Problematik nicht ständig verschwindet und virulent bleibt. Eine Psychiatrie wäre verpflichtet wie alle anderen Dienstleistungsinstitutionen auch, Erfolge zu liefern in Bezug auf die Klärung von Problemen und nicht wie bisher Probleme einfach zu überdecken und die Betroffenen durch diese Verweigerung zu stigmatisieren.

Die Psychiatrie ist der Gradmesser für die Humanität einer Gesellschaft. Damit ist es nicht weit her. Darin liegt auch der Grund, warum es mental kranke Menschen so schwer haben, wieder gesund zu werden. Eigentlich ist die Psychiatrie ein Fall von unterlassener Hilfeleistung. Die Antipsychiatriebewegung ist ein wichtiger Impuls gegen eine institutionalisierte Psychiatrie, die Krankheiten von Menschen sanktioniert, anstatt humane und affirmative Lösungen anzudenken und umzusetzen. Heilung ist in den westlichen Ländern eher selten, in anderen Kulturen aber häufiger, da man hier nicht mit Einweisungen und Medikamenten reagiert. Das sollte zu denken geben und endlich Menschen befähigen und ausbilden, die sich den Problemen wirklich annehmen möchten und können aus einer  tiefen Menschenliebe heraus. Die Menschenfeindlichkeit in der Psychiatrie ist mehr als offensichtlich und so reagiert eben auch die schlecht unterrichtete  Gesellschaft mit enormen Vorurteilen und mit archaischen Ablehnungen. Letztlich ist der sogenannte Wahn nur die auf die Spitze getriebene symbolische Vernunft. Mental kranke Menschen sind keine Psychopathen, sondern Menschen, die einen offenen Dialog brauchen, um ihre Dilemmata zu überwinden, was auch das erfolgreiche Modell aus Finnland umsetzt (Westlappland Open Dialogue Project) gegen den westlichen und gewalttätigen bzw. schädigenden Mainstream. Neuroleptika und damit verbundene Zwangseinweisungen sind übrigens eine deutsch-französische Erfindung, die im Begriff ist, die ganze Welt zu verseuchen.

Peter R. Breggin: Giftige Psychiatrie. Auer, Heidelberg 1996

http://www.offener-dialog.de/materialien/der-film-/index.html

Seikkula, Jaako / Alakare, Birgitta / Aaltonen, Jukka: „Offener Dialog in der Psychosebehandlung – Prinzipien und Forschungsergebnisse des West-Lapplandprojekts“, in: Volkmar Aderhold / Yrjö Alanen / Gernot Hess / Petra Hohn (Hg.): „Psychotherapie der Psychosen – Integrative Behandlungsansätze aus Skandinavien“, 2003, S. 89–102.

Freiheit

Dass es immer noch Leugner der Freiheit gibt auch im Bereich der Neurowissenschaften, ist eigentlich kaum verständlich, denn wir haben aus der Medizin immer wieder die Bestätigung, dass über willentliche Maßnahmen der Organismus verändert werden kann. In der Folge heißt das auch, dass selbst der Körper nicht durchgehend determiniert ist, obwohl er den Gesetzen der Kausalität unterliegt. Schon Kant wusste um die Kausalität aus Freiheit, die den Menschen zum Menschen macht, indem er sich entscheiden kann, zum Beispiel etwas für seine Gesundheit zu tun. Wir sind selbst in der Lage, über die Epigenetik Einfluss auf die Genexpression zu nehmen. Der innere Arzt ist also in uns angelegt und der Widerspruch zwischen res extensa und res cogitans ist nicht so groß, wie wir ständig denken. Der Organismus ist dann ein offenes System, wenn ich mir der Freiheit bewusst werde, auf ihn einwirken zu können und Vorgänge dadurch beeinflussen kann. Gesundheit ist also an dieses Geistbewusstsein von Freiheit gekoppelt. Und für dieses Bewusstsein kann ich täglich etwas tun, damit diese Einflussnahme weiter zunimmt. Ohne Freiheit wäre das kaum möglich. Und die Willenskräfte unterliegen auch dieser Übung, Freiheit als Aufgabe zu verstehen. Freiheit ist also mit unserem Denken, mit dem Geist  verschränkt, durch den ich die Macht der Freiheit erkenne und ausübe.

Aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Auch unser Glücksempfinden hängt von einem Bewusstsein der Freiheit ab. Wer sich nur Zwängen ausgesetzt sieht, der verliert jedes Glücksgefühl.  Der Mensch braucht also einen inneren Raum der Freiheit, in den niemand eindringt, den niemand zerstören oder verletzen kann. Wer sich diesen inneren Raum sichern kann, der bleibt auch in schweren Zeiten gesund. Hier in Verbindung mit einer höheren Energie  zu sein schützt vor der Angst, nicht freiheitlich handeln zu können. Sicher, es gibt Pflichten, aber die dürfen nicht diese innere freiheitliche Verfassung tangieren. Dessen scheint sich die Politik nicht immer bewusst zu sein, wenn sie Zwänge auf Menschen ausüben will und Menschen unterstellt, sie würden sonst nichts mehr tun. Es gilt aber angesichts dieser freiheitlichen Verfassung,  den Menschen  zu respektieren und intrinsische Konzepte zu erarbeiten, die dem Einzelnen gerecht werden. Wer sich nicht mehr als frei empfindet, wird krank, kann seine Probleme nicht mehr kompensieren und verliert seine natürlichen Kräfte und auch Selbstheilungskräfte.  Freiheit und Energie hängen eng zusammen und müssen vor allem dort gestärkt werden, wo sie bezweifelt werden. Wer sich als unfrei erlebt, verliert in gewisser Weise sein gesundes Menschsein. Innere Freiheit ist an keinen konkreten Raum gebunden und kann auch Teil eines tiefen Glaubens sein, eben als Schöpfung frei zu sein und sich auch weiter befreien zu können von Belastungen aller Art, um zu höchster Energie der Transformation zu kommen und damit auch immer zu sich selbst. Ein Selbstsein, um mit anderen zu sein und für andere da zu sein: Ohne Ich kein Wir.

Es grenzt nicht an Wunder, wenn Menschen hohe Energien entwickeln und sich aus determinierenden Problemen wieder herausarbeiten. Auf ein Wunder haben wir keinen Einfluss, es unterliegt der Gnade. Wir möchten aber wissen, wie wir aus eigenem Vermögen der Schwerkraft entkommen können. Emergenz ist die Überwindung des determinierten Selbsts und für diese Emergenz brauchen wir die Freiheit. Viele Krankheiten könnten allein durch ein Bewusstsein dieser Freiheit wieder geheilt werden. Das kann kein anderer Mensch für uns leisten, das müssen wir selbst vollziehen. Deshalb ist es so wichtig, Freiheit als etwas zu erkennen, was Heilung ermöglicht. Wer dazu spirituelle Energie mobilisieren kann, hat es leichter, denn nichts steht zwischen Mensch und Gott bzw. dem Geist Gottes, der zu meinem Geist wird, wenn er sich als frei begreift. Diese göttliche Energie bedeutet Glückseligkeit, also die Erkenntnis von Sinn und Hoffnung gegen die vielen Irrtümer und gegen das Unvermögen von Menschen, die ihr Freiheitsbewusstsein verloren haben. Niemand kann mich also zwingen, etwas zu tun, was ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Dieses Gewissen braucht eine heilige Dimension und die findet der Mensch im spirituellen Denken, das sich seiner Freiheit ganz bewusst ist und dadurch genesen kann. Diese Freiheit erarbeiten wir uns täglich und auch immer wieder, wenn sie unterzugehen droht. So ist es einer der höchsten Wahrheiten zu sagen: Ich bin frei und ich kann mich jeder Zeit zu einem Neuanfang entscheiden, wenn das alte Korsett zu eng und zu beschwerlich geworden ist.  So kann man auch Fehler, die man als Mensch nun einmal macht, auch leichter verkraften. Sie verlieren ihre Virulenz angesichts der Freiheit durch Einsicht auch gegen dubiose Gefühle, die oft in die Irre führen, denn die sind eben sehr subjektiv. Freiheit ist auch die Fähigkeit zu objektivieren, verschiedene Perspektiven einzunehmen und die Beschränktheiten anderer nicht zum eigenen Problem werden zu lassen. Der freiheitliche Geist bewegt sich aus solchen Gefängnissen heraus und möchte initiieren und nicht in unerlöste und dunkle Gedankengebäude einsperren.

Der voll und ganz entfaltete Mensch lebt also mit einem erlösten Körper, dessen Bedürfnisse dem Geist keine Vorschriften mehr machen. Den Körper erlösen kann nur der Geist.

Thomas von Aquin: De beatitudine (Über das Glück). Hamburg 2012

Antistressverordnung

Der Psychoneuroimmunologe Christian Schubert hat den Zusammenhang von schweren Erkrankungen und Stress erforscht.  Er analysierte soziokulturelle Veränderungen und Ereignisse wie z.B. die Finanzkrise, die das Immunsystem von Menschen negativ beeinflussen können über sogenannte Top-down- und Bottom-up-Prozesse. Der systemtheoretische Ansatz bezeugt die Wirkung von komplexen Systemen auf weniger komplexe Systeme und umgekehrt. Wie Wahrnehmung auf unser Denken einwirkt, ist weiterhin ungeklärt. Die Tatsache, dass es eine Korrelation gibt, ist aber unbestritten. Bei Stress als mentalem Zustand spielt die Erfahrung der Ohnmacht eine große Rolle. Erlebe ich Prozesse und Entwicklungen als nicht beeinflussbar, entsteht existenzieller Stress, der Gehirn und Körper erheblich schädigt. Die Psychosomatik geht davon aus, dass Körper und Geist eine Einheit bilden und nicht zwei voneinander getrennte Entitäten sind, die aufeinander wirken. Den Dualismus hat man aufgegeben, weil man nur über die Quantentheorie erklären kann, wie der Geist auf den Körper wirken könnte. Das scheint vielen nicht auszureichen bzw. es wird bestritten, dass wir ein Quantengehirn hätten. Deshalb wurde der Dualismus angezweifelt. Sind Körper und Geist aber eine Einheit, ein wesensmäßiges Ganzes, dann kann man nicht erklären, wieso über Meditation, d.h. über eine freie und willentliche Maßnahme,  das Gehirn verändert werden kann. Ich muss also eine unabhängige Kraft voraussetzen, die auf den Körper einwirkt. Dass es so ist,  hat Richard Davidson weitgehend bewiesen. Damit steht die Identitätstheorie im Verdacht, etwas zu vereinfachen, was doch komplexer ist.

Ob nun eine Identität von Typen oder von Token (Identität der Vorkommnisse, wie Donald Davidson annimmt) ist dabei egal. Die Identitätstheorie hat ihre Mängel. Descartes hatte deswegen von unterschiedlichen Entitäten (res extensa und res cogitans) gesprochen, die aufeinander einwirken, aber eben auch eine  spezielle geistige Energie und ein Vermögen voraussetzt, das beeinflusst und verursacht, d.h. das nicht determiniert ist. Freiheit ist unter den Bedingungen der Identität kaum denkbar, denn der Körper ist weitgehend determiniert und kann nur durch den Geist initiiert werden, nicht aber wieder durch körperliche Ereignisse und Vorgänge. Meditation kann auf die Entzündungsprozesse durch Stress auf den Körper Einfluss nehmen wie auch alle Gefühle des (geistigen) Glücks, wie es sich  im Flow manifestiert, der bis in die Epigenetik hineinwirkt. Wir sind nur dann in der Lage, unseren Körper zu steuern, wenn wir dem Geist dafür die Macht geben und diese Mächtigkeit auch entsprechend befördern. Das gelingt nur unter Stresslosigkeit. So lässt sich Resilienz auch trainieren, ist also  keine angeborene Fähigkeit. Die Identitätstheorie lässt keinen Raum für den freien Willen, durch den wir Dinge realisieren und uns selbst und unsere Einstellungen verändern. Aber dieses Zusammenwirken ist eben anfällig und wird durch Stress außer Kraft gesetzt.

Die IG Metall wie auch die Linken und die Grünen wollen eine Umsetzung einer Antistressverordnung, weil zu viele Menschen durch Stress und vor allem durch existenziellen Stress zum Teil schwer erkranken. Diese Einwirkungen sind kaum zu steuern und können das gesamte organische und mentale System aushebeln. Der Mensch sollte intrinsisch motiviert sein gegen eine unverantwortliche Zulassung von Stressoren, die den Arbeitenden antreiben sollen, Höchstleistungen zu bringen. Will ich, dass Menschen gut und zuverlässig arbeiten, muss ich sie eigentlich nur entsprechend gut bezahlen und motivieren, anstatt ein Angstsystem zu etablieren, das Menschen an den Rand des Nervenzusammenbruchs bringt. Existenzieller Stress ist auch nicht durch Bewusstseinsarbeit reduzierbar, da hier eine Grenze überschritten wird. Die Grundlagen des Seins dürfen nie zur Disposition stehen und damit wäre dann auch ein rechtlicher Schutz vor Existenzbedrohungen eine Notwendigkeit.  Der Mensch kann sich gegen Stress nicht immunisieren. Darauf muss die Politik auch gegen wirtschaftliche Interessen endlich Rücksicht nehmen und Menschen vor schweren Schädigungen schützen, so dass Stressverursachung ein einklagbares Vergehen wird. Stress ist eine Form von struktureller Gewalt und muss deshalb in einer Gesellschaft als das zu Vermeidende begriffen werden, denn die Folgen wie Arbeitsunfähigkeit sind für den Betroffenen wie für die Gesellschaft schädlich. Fortschritt im sozioökonomischen Bewusstsein erlangen wir aber nur über Rechte, die den Einzelnen in seiner Gesundheit bestärken und schützen.

Christian Schubert, Madeleine Amberger: Was uns krank macht, was uns heilt. Aufbruch in eine neue Medizin. Münderfing 2016

Human-holistic-health-project – ganzheitliches Heilen

 

Die Gründung einer gemeinnützigen Organisation für ganzheitliches Heilen – human-holistic-health-project – richtet sich vor allem an Menschen, die unter mentalen Erkrankungen leiden und wenig Geld haben. Sicher, Geld ist manchmal auch eine Erleichterung, aber die Gründung einer Stiftung ist bisher nur angedacht. Zunächst sollen aber die Maßnahmen thematisiert werden, die jeder auch ohne Vermögen vornehmen kann, um seine gesundheitliche Lage zu verbessern und mehr Lebensqualität zu erreichen. Die Schulmedizin unternimmt in dieser Hinsicht so gut wie gar nichts und die derzeitige Politik hat wieder begonnen, Menschen mit mentalen Erkrankungen extrem zu stigmatisieren und zu diskriminieren. Hintergründe sind ein negatives Menschenbild und horrende Vorurteile, die wegen einer menschenfeindlichen Politik eher wieder zunehmen. Hier war  man in den 70er Jahren schon sehr viel weiter. Gegen Rückschritte hilft nur die Aufklärung und eine massive Gegenbewegung auch gegen die Vorherrschaft der Pharmaindustrie, die ein erhebliches Interesse daran hat, Menschen einseitig und schädigend zu behandeln. Medikamente können kurzfristig helfen, sind aber nicht die Lösung des Problems. Auch die Psychotherapie ist hier weitgehend negativ infiziert und nicht bereit, entstandene Probleme intensiv durchzuarbeiten. Betroffene werden schlichtweg oft nicht ernst genommen.

Das human-holistic-health-project soll helfen, wieder ein neues Selbstbewusstsein aufzubauen, ohne dass eine Überwindung dieser Krankheiten kaum möglich ist. Keiner der Betroffenen ist selbst schuld an seiner Erkrankung. Es sind Verletzungen, zu viel Stress, zu viel Gewalt in unserem Leben, auf das manche Menschen sensibel reagieren. Sie sind die Seismographen für Fehlentwicklungen in Politik und Gesellschaft. Wir können also viel von ihnen lernen, wohin sich eine Gesellschaft besser nicht entwickelt. Mental kranke Menschen werden durch rücksichtsloses Verhalten extrem chronifiziert und damit in gewisser Weise abgeschrieben. Wer sich gegen eine reine Einnahme von Medikamenten wehrt, gilt als unbelehrbar. Dabei hat jede Erkrankung einen Grund, der sehr virulent sein kann und der behoben werden muss. Dafür sollte der Betroffene primär diese Arbeit in die eigene Hand nehmen und sich nicht auf andere verlassen. Die Bewusstseinsarbeit kann mit anderen im Dialog oder auch alleine bewältigt werden, indem man sein Problem klar erkennt und in Worte fassen kann. Dies kann er also schriftlich tun oder auch im symmetrischen Gespräch. Was für den Einzelnen traumatisch gewesen ist, beruht auf einem subjektiven Erleben, das nach und nach objektiviert werden kann, wenn der Kern des Problems erfasst wurde. Dies kann jeder für sich leisten, denn er steht sich selbst am nächsten und besitzt dieses Wissen über sich. Dass solche Probleme nur in einer Therapie zur Sprache kommen können, ist ein Vorurteil.

Die Bewusstseinsarbeit ist ein Teil der Philosophie und der Psychologie, wobei auf Pathologisierungen weitgehend verzichtet werden sollte, denn eine Diagnose ist kein Existenzial, sondern eine zum Teil unannehmbare Simplifizierung komplexer Zusammenhänge, die analysiert werden müssen. Darum besteht die Empfehlung, täglich aufzuschreiben, was man gerade denkt. Auch expressives Schreiben kann hier zielführend sein. Sich selbst zu ergründen ist nicht Menschen vorbehalten, die vermeintlich gesund sind. Es gibt viele kranke Verhaltensweisen, die andere dann eben real krank machen, da sie zu Symptomträgern für kranke Verhältnisse geworden sind. Auch diese externen Verhältnisse müssen analysiert werden. Die Medizin und weitgehend auch noch die Psychologie  gehen davon aus, dass der kranke Mensch sein Problem nicht benennen kann oder dass das Unbewusste hier regiert. Bewusstseinsarbeit geht aber davon aus, dass es nichts Unbewusstes gibt, das nicht aufgedeckt werden könnte durch den Betroffenen selbst. Auch sogenannte oder vermeintliche Irrtümer führen zum Ziel, da es hier meistens um Symbole geht, die durch den Betroffenen selbst entschlüsselt werden können. Sicher, es ist ein anspruchsvolles Unternehmen, das aus der Philosophie stammt, die ja das Denken zum Inhalt hat und jedem zugänglich machen sollte. Jeder kann auch mit sich selbst in einen Dialog treten und erkennen, wie sein Problem aussieht. Nur dann kann er Maßnahmen ergreifen, die Veränderung bewirken. Mental kranke Menschen werden sehr in die Defensive gedrängt und zum Teil auch mundtot gemacht. Die Bewusstseinsarbeit ist eng an die Sprache gekoppelt und über dieses Instrument verfügt jeder.

Es geht also um einen Ansatz in der Heilung in Kombination mit anderen Bewusstseins- und Entspannungsmaßnahmen wie Meditation und Yoga. Da mentale Erkrankungen immer mit geistigen, seelischen und körperlichen Energieverlusten verbunden sind, ist es ratsam, auf alle Verhaltensweisen zu verzichten oder diese stark einzuschränken, die die Energie mindern. Deshalb wird zu einer asketischen Orientierung geraten, ohne dass das Genießen des Lebens dadurch zu kurz kommen würde. Geistige Energie und Klarheit stellt sich dann ein, wenn auf bewusstseinseinschränkendes Verhalten verzichtet wird. Das ist ein uraltes Wissen mit einer langen Tradition, die heute auch weitgehend bestritten wird, weil auch ein hohes Bewusstsein viele Selbstverständlichkeiten hinterfragt. Wie ein gutes und gelingende Leben bei hohem Bewusstsein aussieht, hängt von der individuellen Einsicht des Einzelnen ab.  Der kranke Mensch wurde in seiner Potenzialentfaltung oft tief gestört. Kann er diesen Faden wieder aufnehmen und zu seiner Ganzheit zurückfinden, hat er auch seine Krankheit überwunden. Mentale Krankheiten sind heilbar, aber wir haben das Wissen darum verloren oder nicht deutlich genug gewonnen. Und für Veränderungen jeder Art bedarf es enorm hoher Energien, die nicht verschleudert werden dürfen. Transformation gelingt dann, wenn alles klar und übersichtlich bleibt und vor allem die Hoffnung neu initiiert wird. Man begebe sich dann in die Nähe von Menschen, die Glaube, Liebe und Hoffnung wirklich leben und vermitteln können. Diese neue Zuversicht ist eine notwendige Bedingung für Heilung.

Internetseite:   http://mindethics.eu

Me Too und die Gewalt gegen Frauen

Wir Frauen dachten eigentlich, dass die Zeiten für uns besser geworden seien. Aber die Realität zeigt ein anderes Bild. Es geht nicht nur um physische Gewalt gegen Frauen, sondern auch um strukturelle und psychische Gewalt, deren Aufklärung oft schwierig und langwierig ist. Viele der betroffenen Frauen werden arbeitsunfähig und das ist das größte Problem, denn zu den traumatischen Gewalterfahrungen kommt die schwierige soziale Lage hinzu. Beides erfordert viel Kraft und Energie, um diese Hürden gegen ein gelungenes und emanzipiertes Leben zu beseitigen. Die Me Too Bewegung ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Offenheit, über Gewalterfahrungen zu sprechen und Täter auch öffentlich anzuklagen. Frauen suchen oft den schwierigen Weg einer Verständigung, um keine Fehler zu machen. Das ist aber nicht immer der klügste Weg, denn wenn Gewalterfahrungen schwerwiegende Folgen haben, dann kann es nicht nur bei einer Debatte bleiben und dem Wunsch nach Aufklärung. Wir sehen, dass selbst Richter des Supreme Courts offenbar schuldig und eben auch mit allen Wassern gewaschen sind, sich gegen berechtigte Vorwürfe zu wehren. Da werden Professorinnen als unglaubwürdig hingestellt und entsprechend zusätzlich gedemütigt.

Männliche Aggressionen sind allgegenwärtig und kommen immer wieder offen zum Ausbruch. Die damit verbundene Fassungslosigkeit in Zeiten angeblicher Gleichberechtigung und Selbstbestimmung darf Frauen aber nicht lähmen, nicht ohnmächtig machen. Auch Rechtsverletzungen gegen Grundrechte beinhalten Gewalt und Gewalterfahrung, die sich schädigend auf den gesamten Menschen auswirken kann, wenn die Aufarbeitung gezielt blockiert oder sogar unterminiert wird. Als Frau möchte man Klarheit und keine Unschuldigen verdächtigen oder anklagen. Sie sind aber zu defensiv und das wissen Männer. Die spekulieren auf die Aufgabe von Recherchen und investigativen Untersuchungen. Man sollte mal untersuchen, wie viele Karrieren von Frauen durch Männer ruiniert worden sind. Die haben aber durchaus kein schlechtes Gewissen, sondern beschuldigen die Frau als zu wenig karriereorientiert oder schlichtweg als unfähig oder noch schlimmer: Sie versuchen, den Spieß umzudrehen und so den Wunsch nach Aufklärung zu diskriminieren. Vertuschung hat viele Gesichter, ist aber in erster Linie männlich. Frauen gehen zu oft davon aus, dass Aufklärung ein gegenseitiges Bedürfnis ist. Sie wollen nicht wahrhaben, dass ihnen vormals vertraute Menschen so etwas angetan haben ohne jeden Grund, einfach um zu schädigen. Das sind Akte der Aggressionen, die vor allem dann in die Tat umgesetzt werden, wenn mit Gegenwehr kaum zu rechnen ist, weil auch der Durchblick in diesem Moment fehlt.

Das Bewusstsein von Frauen für Gerechtigkeit ist ausgeprägter als das des Mannes. Der leugnet im schlimmsten Fall alles und sucht sich dafür Mitstreiter. Das ist eine Frage des Machtmissbrauches, aber keine der Einsicht in die Notwendigkeit von Aufklärung und letztlich auch von Recht. Da werden dann auch Gesetze verabschiedet, die Menschen eindeutig zu schädigen beabsichtigen, obwohl es Alternativen gäbe. Auch das ist männliche Gewalt , die man überall in der herrschenden Politik finden kann. Daran konnte auch eine Frau als Bundeskanzlerin nichts ändern. Biografien von Frauen werden sich immer von denen der Männer unterscheiden. Und die Bürde der Mehrfachbelastungen werden sie wohl auch so schnell nicht los. Überall, wo nur männliche Maßstäbe angelegt werden, sollten Frauen aufbegehren und öffentlich auf diese Missstände hinweisen. Wer sich hier selbst zerfleischt, um es Männern recht zu machen, der hat den feministischen und emanzipatorischen Auftrag nicht verstanden. Im Zuge der Me Too Bewegung hat es aber auch einige Verhaftungen gegeben – ein kleiner Lichtblick in einem langen Tunnel der Gewalt gegen Frauen und deren Urteilsvermögen. Dieses kommt der Wahrheit nicht selten näher als alles männliche Ansinnen und Denken. Es gibt also keinen Grund, sich zu verstecken, sondern offensiv die Defizite zu nennen und sie auch anzuklagen, wo Ermittlungen gezielt behindert werden. Es geht nicht nur um Frieden, sondern um Aufklärung für mehr Gewaltlosigkeit in allen Bereichen unseres Seins. Aber eine dezidierte Sprache ist immer erlaubt und sogar notwendig, um etwas  zu bewegen.

Was bedeutet diese Bewegung aber für Mann und Frau? Ist es der Anfang eines Geschlechterkrieges oder der Anfang einer neuen Debatte über Grenzen und Einfühlungsvermögen. Männer müssen entschieden sensibler mit Frauen umgehen, denn deren gesamtes Leben ist den unterschiedlichsten Anforderungen ausgesetzt.  Aber auch Frauen sollten deutlicher Grenzen setzen und ihre Meinung deutlich äußern, wenn Männer sich an nichts halten. Deutliche Signale schützen auch manchmal vor Gewalt. Dafür bedarf es eben der Geistesgegenwärtigkeit, die man aber oft erst im Alter erreicht. Wir müssen also eine klarere Verständigung kultivieren und doch lernen, auf vieles gefasst zu sein. Ein generelles Misstrauen ist aber ebenso schädlich wie grenzenloses Vertrauen. Bleiben wir also auf dem Teppich und strengen uns trotzdem für mehr Gemeinsamkeit an.

Der Planet der Dicken

Adipositas ist längst eine Volkskrankheit und leider auch eine des Bewusstseins. Fast jeder weiß, dass das viszerale Fett Diabetes, Arterienverkalkung, Bluthochdruck und sogar Demenz sowie andere schwere Erkrankungen wie Krebs verursachen  kann. Und dennoch wird mehr gegessen, als der Körper braucht. Dicke verlieren das gesunde Körpergefühl und halten ihr Übergewicht für normal. Aber hinter dem Dicksein stecken oft tiefe Probleme, die man durch Bewusstseinsarbeit klären könnte. Was will ich wirklich vom Leben  und welche Leute versuchen, mir Türen zu verschließen, anstatt Möglichkeiten zu eröffnen. Es gibt nicht nur Einsichtige da draußen, die zu Rücksicht fähig sind. Viele durchschauen die meisten Zusammenhänge auch nicht. Sie sind vielleicht gute Rationalisten, aber sie begreifen den Menschen nicht. Rationalismus hat Grenzen, der Homo oeconomicus ist Gott sei Dank eine Utopie. Im Grunde wollen und brauchen wir den homo empathicus, der den ganzen Menschen erkennt und all seine Facetten sieht, die ihn in seiner Einzigartigkeit ausmachen. Der Dicke hat aufgegeben, seine innersten Wünsche nach Anerkennung zu erinnern und danach zu handeln. Immer weniger Menschen finden also einen Kontakt zu sich selbst und scheitern dann im Umgang mit anderen.

Das Zuviel an Nahrung ist ein Tod auf Raten, wie wir heute wissen. Da tut sich jemand nichts Gutes, sondern schadet sich und seiner Gesundheit. Das zu wissen kann ein erster Schritt sein in Richtung Heilung. Hier ist es sinnvoll zu realisieren, dass Menschen auf dieser Welt an Hunger sterben. Der Dicke, der krank wird durch Nahrung, könnte sein Budget für Ernährung halbieren und die Hälfte an die Hungerhilfe spenden. So tut er in zweierlei Hinsicht etwas Gutes und ist vielleicht auch mal bereit, eine heilende Fastenkur einzulegen, um den Stoffwechsel zu normalisieren. Dünn wird man nicht im Schlaf, sondern nur durch Bewusstseinsarbeit, die Persönliches und Globales miteinander verbindet und zu einem neuen Denken führt. Die Welt kann wieder in ein Gleichgewicht kommen, wo Menschen beginnen, ihr Herz zu heilen, indem sie sich für die freundschaftliche Liebe öffnen und das Vertrauen wieder lernen, es dann aus eigener Kraft schaffen zu können. Und Yogaübungen führen wieder zu einem gesunden Körpergefühl der Energie und der Beweglichkeit mit dem seelischen Nebeneffekt der Gelassenheit.

Essen kann glücklich machen, wenn man es sehr reduziert und sich nicht jeden Tag alles gönnt. Der Dicke muss lernen, Bedürfnisse aufzuschieben, aber soll sich die nicht für immer versagen. Letztlich ist hier weniger mehr und Qualität entsteht durch den zeitweisen Verzicht. So wird die Kartoffel mit Kürbiskernöl zur Delikatesse. Der sogenannte Jojo-Effekt tritt nur dann ein, wenn keine Bewusstseinsänderung stattgefunden hat und der Betroffene nach einer Diät wieder viel zu viel isst und sich dann in Fitnesscentern abstrampeln muss. Dafür haben viele Menschen einfach keine Zeit und kein Interesse.  Wenn der Dicke also die grundlegenden Fragen seines Lebens nicht wirklich klärt, wird er dick bleiben. Wen die Bewusstseinsarbeit, der Dialoge einschließt, überfordert, der kann auch einen Therapeuten für die Selbsterkenntnis aufsuchen oder er schaut im Umfeld, wo ihm eine Hand gereicht wird für die Erreichung eines langen und gesunden Lebens und um alte und belastende Probleme aufzulösen in Liebe und Verständnis. Das Leben wird eher komplizierter und belastender auch angesichts globaler Probleme. Also schaffen wir uns nicht auch noch so unnötige wie Adipositas.

Vergebung und Versöhnung

Die Kirche spricht im Vaterunser täglich davon, wie wichtig Vergebung ist. Aber es ist da nur so dahingesagt, der Weg dorthin ist schwierig, denn zur Versöhnung gehören immer mindestens zwei Menschen. Verweigert der Eine den Dialog, bleibt der Andere ratlos und belastet. Meistens will derjenige, der die Antworten verweigert, denjenigen weiter verletzen, der ohnehin schon verletzt ist. Es scheint, dass der Unversöhnliche weiter belasten will und kein Interesse hat an Aufklärung und Verständigung. Man muss ihm die Möglichkeit geben, über seine eigenen Verletzungen zu sprechen. Manche Belastungen machen krank, verursachen Schmerzen, auch gerade weil man weiß, dass man bezüglich Vergebung den Anderen braucht. Versöhnung heißt nicht, dass ich alles ungeschehen machen will, sondern ich kann es aushalten, ertragen, was geschehen ist, weil ich weiß, dass versöhnliche Worte heilen, dass jahrzehntelange Auseinandersetzungen, wenn sie auch einseitig gewesen sind, zu einem friedvollen Ende kommen können und die Betroffenen sich wieder als die Menschen wahrnehmen, die sie sind gegen all die Unterstellungen, Missverständnisse, Verunstaltungen, falschen Einschätzungen, Beleidigungen und Vorurteile hinweg. Die quälen Menschen regelrecht und rauben einen wichtigen Teil der Energie, die man braucht, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen und sich weiter in Richtung Gesundheit zu entfalten. Wahres Wachstum ist erst nach Versöhnung möglich. Wenn zwei Menschen sich geschadet haben, kann kein Gott die Notwendigkeit ersetzen, dass sie sich versöhnen, um frei zu werden, auch wenn sie deswegen längst nicht in allem einer Meinung sind.  Alles schaukelt sich auf, wenn ein versöhnliches Ansinnen immer wieder abgelehnt wird und die Leidtragenden sich nicht an das ehemals freundschaftlich Gute erinnern, das sie verbunden hat. Rüdiger Dahlke meint, dass eine direkte Auseinandersetzung immer einer Therapie vorzuziehen ist. Aber dazu gehört ein hohes Vermögen und viel Wohlwollen.

Natürlich kann man sagen, ich habe mich in dem Anderen geirrt und er ist nicht das, was ich in ihm gesehen habe oder sehen wollte. Er ist nicht der kommunikative und offene Mensch, der sich verständigen will, von dem aus man vergeben könnte. Da geht es an das zutiefst Menschliche von uns allen, die Verletzung des  inneren Raums betreffend, in dem wir geachtet und geliebt werden wollen. Die Weiterbeschädigung des inneren Raumes durch anhaltendes und enges Verweigern von Versöhnung und Kommunikation, weil man heute vielleicht anderweitig gebunden ist, bedenkt nicht, dass diese Verletzungen und auch das Verletzen überall hineinwirken, tiefe Begegnungen sogar unmöglich machen, weil da jemand die Tür geschlossen hat durch seine Verweigerungen. Das ist kein Thema, das man allein mit einem Gott ausmachen oder glauben könnte, man sei von Gottes Gnaden erlöst. Die Kraft zur Vergebung kann von Gott kommen wie auch der Wille zur Versöhnung. Aber umsetzen müssen wir das schon selbst. Wir Menschen haben das Potenzial, uns zu heilen und uns die Kraft zurückzugeben, die wir brauchen für das tägliche Leben sowie auch für die Selbstheilungskräfte. Dass etwas scheitert im Leben ist nicht das Schlimmste, aber wenn man dieses Scheitern nicht in eine höhere Form der Begegnung und Auseinandersetzung transformieren kann, bleibt es virulent. Ignoranz ist kein wahrer Friede, sondern vielleicht sogar der verletzendste Affront.

Dieser sehnliche Wunsch nach Offenheit und Versöhnung in der Hoffnung, dass man wieder diese tiefe Ergriffenheit in manchen Situationen empfinden kann, in denen Gott sehr nahe ist und die gesamte Verunstaltung durch einen anderen Menschen aufgehoben ist. Aber das reicht nicht.  Keine Maxime, keine politische Haltung, keine Moral kann ein Hindernis darstellen für den Wunsch nach Versöhnung, der aufhört, dem Anderen Schlechtes anzudichten. Und hier sind Unversöhnliche sehr produktiv und scheuen nicht davor zurück, selbst Opfer zu beschuldigen.  Aber es hilft ihnen nicht bei der Bewältigung, sondern vergiftet sie selbst. Ist es so schwer, wieder sehenden Auges zu werden und wieder einen Menschen zu entdecken, der unter den Verkennungen und Fehleinschätzungen vielleicht zerbrochen ist, aber der noch immer in der Tiefe seines Herzens im Licht steht. Wenn wir dieses Licht im anderen sehen, erkennen wir den Frevel der Beleidigungen und der verletzenden Worte.

Es geht nicht darum, Entscheidungen, die jemand getroffen hat, revidieren zu wollen, sondern es geht darum zu erkennen, dass sich zwei Menschen (oder einer dem Anderen)  etwas angetan und die Realität völlig aus den Augen verloren haben. Versöhnung bringt die Realität zurück, so dass Achtsamkeit wieder Platz hat im Umgang miteinander und man das Unterscheidende ruhiger thematisieren kann. Daran hängt nicht mehr der ganze Mensch, es steht nicht immer alles auf dem Spiel, sondern ich kann differenzieren. Ich erinnere mich dann auch immer an den inneren Raum des Anderen, der nicht verletzt werden will und darf. Diese innerste Selbstgewissheit darf man  niemandem nehmen. Und wenn etwas unklar ist, dann bleibt man vorsichtig und respektvoll und versteht den Wunsch nach versöhnlicher Beendigung eines langen Kampfes um Verstehen und um Aufklärung von schwer verletzenden und schädigenden Begebenheiten, für die man dann einen Anwalt braucht, wenn unrechtes Handeln nicht als solches begriffen wird. Wer meint, sich schädigend in die Lebensführung anderer Menschen einmischen zu dürfen, dem sollte man deutlich die rote Karte zeigen. Das hat meistens auch eine gesellschaftspolitische Komponente, die unser Zusammenleben besser regeln muss. Hier geht es um Fortschritt im Humanen.

Es reicht durchaus nicht, zur Beichte zu gehen und zu glauben, damit sei nun alles erledigt. Das ist unglaublich naiv. Zur Vergebung gehören immer zwei Menschen, die sich nicht übergehen, sondern die sich annehmen als eine Herausforderung zu Wachstum und Einsicht. Es ist doch gottgewollt, dass Menschen sich aus ihren  gegenseitigen Gefängnissen befreien. Das Gefängnis der Verkennung ist eine schwere Belastung des Herzens. Dass ein Mensch, der einem mal etwas bedeutet hat, den Versuch einer Versöhnung immer wieder ausschlägt, verrät sein verhärtetes Herz und meistens auch seine Schuld. Da ist nichts mehr im Fluss. Der Mensch ist Mensch, weil er vergibt, vergeben will, aber dafür auf Entgegenkommen angewiesen ist. Alles andere ist wieder nur eine Verletzung oder eine Eintagsfliege, die nichts Grundsätzliches verändert. Wenn der Andere anfängt zu verstehen, worunter jemand leidet, wird er seine Befürchtungen, etwas könnte gegen seine Entscheidungen und gegen seinen Willen geschehen, aufgeben und durchatmen, bis sich die guten Empfindungen wieder einstellen und es möglich erscheint, dass vieles in Ordnung kommt. Vergebung ohne Versöhnung ist schwer möglich. Dafür müssen sich beide Parteien verstehen und ihre Kränkungen benennen.

Johnny Cash erinnert in seinem Lied One daran, dass wir alle Schwestern und Brüder sind und uns in dieser Liebe gegenseitig tragen können für ein harmonisches Miteinander. Dafür müssen wir miteinander sprechen.

https://www.youtube.com/watch?v=CGrR-7_OBpA&start_radio=1&list=RDCGrR-7_OBpA&t=0&pbjreload=10

Die reaktionäre Rede von Exzellenz

Wir werden mittlerweile mit einer Horde der gute Noten Schreiber konfrontiert, die an der Universität dann so weitermachen, um sich vom so genannten Pöbel der Nichtstreber zu unterscheiden im Wettkampf um die besten Stellen. Aber was sich heute Exzellenz nennt, ist noch lange nicht die Geisteselite, es ist die Streberfraktion, die das wiedergibt, was man ihr eingetrichtert hat. Eigentlich kann sie auch nichts anderes. Entsetzt ist man schon in Interviews mit denjenigen, die sich zur Exzellenz zählen. Auf komplexe und schwierige Fragen werden platteste und simpelste Antworten gegeben. Man hat weder gelernt, dialektisch zu denken, noch seine Statements zu relativieren angesichts doch sehr umfangreicher Kontexte und diffiziler Inhalte. Das Differenzierungsvermögen läuft gegen Null. Man kennt solche Antworten vor allem aus der absolutistischen CSU, die es ja noch nie nötig hatte, Dinge differenziert zu sehen. Dieses Differenzierungsvermögen ist trotz der immer neuen Etikettierungen von Streberleistungen abhanden gekommen. Da bedienen heute junge Wissenschaftler, ohne mit der Wimper zu zucken, schlimmster Vorurteile und liefern so weitere Berechtigungen für politisch eindimensionales und sogar schädigendes Handeln. Sie sind Sprachrohre einer dumpfen Politik geworden um der Karriere willen. Die Politsprache hat sich ihren Weg in die Wissenschaft gebahnt und gibt sich hier den Anschein von Exzellenz, die qua ihrer Institutionalisierung Kritik von vornherein unterminiert und damit den Dialog auf Linie zwingt. Exzellenz ist lediglich die dekorierte Karriere des Mittelmaßes.

Dass Politik kein intelligentes Unternehmen ist, dürfte hinlänglich bekannt sein. Dass aber Parteipolitik sich institutionalisiert und die Wissenschaft beherrschen will, indem sie nur noch das Konforme zulässt, ist ein Angriff auf die Demokratie. Hinter dem Exzellenzbegriff verbirgt sich der Wille zur Macht, zur Abgrenzung vom Rest der Menschheit, den man als untauglich einstuft im Sinne eines weiter zementierten hierarchischen Systems, das Menschen kategorisiert, anstatt einen heterogenen und flexiblen Wachstumskontext zu etablieren, der es Menschen ermöglicht, sich je nach Lage weiterzubilden und aufzubauen. Wir wissen heute , dass IQ und Noten nicht korrelieren müssen.  Und es gibt wichtige Begabungen wie beispielsweise die Menschenkenntnis, die man nicht lernen kann, aber die einige Menschen besitzen. Sie erkennen Zusammenhänge durch Intuition und Kombination. Aber es sind viele andere wichtige Begabungen, die die Schule überhaupt nicht abdeckt und die man sich nach dem Schulunterricht aneignen und kultivieren muss, was auf Kosten der ach so guten Noten geht. Einstein war ein denkbar schlechter Schüler, aber einer der intelligentesten Menschen dieser Welt. Erklärt hat man sich das, indem man ihn pathologisiert hat. D. h. wer sich nicht an den Schulstoff anpasst, ist krank (derzeitiges Exzellenzwissen…). Viele aber sind anderweitig interessiert, lesen komplexere Bücher, machen sich Gedanken, die die Schule nicht einmal annähernd aufgreift. Genialität lässt sich nicht aneignen. Man hat sie oder man hat sie nicht. Und sie ist alles andere als konform. Kein Ausbildungssystem wird Genialität erkennen, da es sich der Konvention widersetzt. Dieses konventionelle Denken  ist oft dumm und falsch, es schärft nicht das Urteilsvermögen und dient denjenigen, die sich ständig profilieren müssen, als Selbstbestätigung. Sogenannte Exzellenz, die dem alten Leistungsbegriff der Quantität unterliegt,  und niedere Instinkte liegen nahe beieinander.

Es wird Zeit, Menschen anders zu sehen und über andere Schulen nachzudenken, die viel stärker auf das individuelle Potenzial eingehen können, das wir in Zukunft verstärkt brauchen, denn das Meiste, was in der Schule gelernt wird, können Computer einfach besser.  Bildung ist nicht Wissen und Weisheit ist nicht Bildung. Es fehlt leider auf der ganzen Linie die Einsicht und die Weisheit, dass viel Intelligenz brach liegt und gebrochen wird. Das liegt an ungeeigneten Lehrern und an einem völlig überalteten Bildungssystem, das sich nicht eingestehen will, dass Intelligenz keine feste Größe ist, sondern von Förderung, von Sympathien und anderen Subjektivismen abhängt. Wer in einer Fernsehsendung als Professor behauptet, zunehmdende psychische Erkrankungen bei Jugendlichen hätten etwas mit mangelnder Intelligenz zu tun, den sollte man umgehend entbeamten. Diese (CSU) Politik der Verblödung hat ein großes Interesse an einem Gefälle, dem real nicht viel entspricht. Schule macht dumm und wer  kennt nicht die vielen, die gute Noten geschrieben haben, aber nicht komplex denken können. Sie erfassen keine Zusammenhänge und richten in der Gesellschaft großen Schaden an durch fehlendes Urteilsvermögen.  Hinter dem Begriff der Exzellenz steckt nun der Versuch, ein sinkendes Schiff zu retten. Für den Klassenerhalt gibt es wenig gute Gründe, denn vorangebracht haben uns ohnehin nur die wirklich Genialen und die kann keiner erfassen. Es sind diejenigen, die sich durchsetzen trotz dümmster Konventionen und himmelschreiender Vereinfachungen, die dann nur noch Falsches generieren.  Und so kommt es, dass geniale Autodidakten fundierter argumentieren und den Bluff der Blender demaskieren. Leider sind die Medien immer seltener in der Lage, Schwachsinn von Geist zu unterscheiden, denn auch hier zieht die Generation der Bulämielerner und der inhaltslosen Studiengänge ein.

Und.: Genialität und Intelligenz sprechen für sich. Da verweist man nicht auf gute Noten, sondern auf die Einsicht, dass das Maß der Dinge eben nicht die Selektion ist, sondern die Offenheit für Querdenken, Andersdenken und Zweifel, der jeden Dogmatismus hinterfragt.  Wo der Zweifel stirbt und einfache scheinbare Wahrheiten kommuniziert werden, sollte der Denkende hellhörig werden gegen einen zunehmenden Sozialdarwinismus der Platt- und Falschheiten. Aber viele, die sich zur Exzellenz zählen, entlarven sich in ihrer Dummheit selbst und das freut dann den Kritiker.