Immer wieder versuchen Philosophen über die Liebe zu schreiben, was sie funktionalisiert, aber sie dennoch nicht erfasst. Die Liebe ist ein Geheimnis, eine Kraft, die uns im tiefsten Inneren unserer Seele erfasst. Sie lässt sich nicht instrumentalisieren und sie will auch nicht instrumentalisieren. Sie besteht auch nicht aus Komponenten oder Phasen, sondern ist ein Mysterium wie die Offenbarung Gottes. Wenn sie einem begegnet, wissen wir, was wir geahnt haben. Diese Liebe erleuchtet das Leben und verwandelt den Alltag in eine Messe, in ein heiliges Fest.
Liebe ist nicht Trieb und nicht Kalkül. Sie lässt sich nicht berechnen. Sie erfüllt unser Herz und entwickelt Ideen für ein gemeinsames Leben. Sie ist kreativ und absolut unkorrumpierbar. Ihre Unplanbarkeit ist nicht identisch mit Unordnung, sondern ordo amoris, wie Max Scheler richtig erkannte (aber privat nicht das Wesen dieser Ordnung verstanden hatte), also höchste Ordnung, der man sich nicht entziehen kann. Sie wirkt bis in das Denken hinein und transformiert das gesamte Leben. Sie will das Zusammensein in dieser höchsten Ordnung, alles andere wird undenk- und unlebbar. In dieser Liebe spüren wir die Kraft Gottes . Er zwingt uns zur Veränderung und lässt uns keine Wahl. Angesichts Gottes sind wir machtlos. Wenn Liebe diese Offenbarung ist, kann sie kein Mensch lösen. Scheitert sie, kostest es die Liebenden die Gesundheit oder das Leben angesichts des unaussprechlichen Unglücks einer Trennung, die Gott nicht gewollt hat. Diese Bitterkeit des menschengemachten Scheiterns bezeugt die Unfähigkeit, sich dem Wesen ihrer Liebe anzuvertrauen gegen Widerstände. Diese Liebe ist nicht alltäglich. Es ist der erkannte Dreierbund zwischen Gott und den Liebenden, den keine Kirche herstellen kann. Aber sie kann sie verstärken im ewigen Bund der Ehe auch gegen etwaige zivilrechtliche Abmachungen. Das Scheitern der von Gott offenbarten Liebe übersteigt die menschliche Kraft.
Es ist Gottes Wille, einen Menschen zu finden in dieser Spiritualitiät der Gefühle gegen das bloße Eingehen von Partnerschaften. Den ewigen Bund zwischen zwei Menschen kann nur Gott knüpfen. Wenn diese Verbindung in der höchsten Instanz gelingt, ist die Ehe für diesen Menschen nicht auflösbar, denn diese Liebe ist als Offenbarung Gottes zu begreifen. Sie ist der Bund mit dem höchsten Dritten für die ewige Liebe. Kein Mensch will diese Ehe beenden. Die Kirche kann nur prüfen, ob dieser Dreierbund besteht. Wo Gott nie war, da kann es auch keine unauflösliche Ehe geben. Wer das Begehren mit Liebe verwechselt, für den gibt es ein böses Erwachen. Wenn mir ein Mensch begegnet und ich habe die deutliche Idee von Gott und seinem Ruf, dann kann ich mich dem nicht entziehen. Mein Herz ist nicht mehr frei und nichts und niemand wird diese Stelle besetzen können. Hier ist Gott erbarmungslos und ausschließlich. So war die Ehe gemeint, aber als Zwang zur Gemeinschaft durch eine Institution ist sie unheilig und eine Sünde. Wahre Liebe ist die höchste Wahrhaftigkeit und ein Geschenk des Himmels. Aus ihr heraus wachsen die Kräfte für ein achtsames und verantwortungsvolles Miteinander, denn diese Liebe will das Glück mit anderen teilen. Und so bringen es Gerald Hüther, Maik Hosang und Anselm Grün auf den Punkt: Liebe ist die einzige Revolution (Freiburg im Breisgau 2017).