Die doch erschreckende Debatte um Renationalisierung ist Ausdruck einer Hilflosigkeit gegenüber einem Wandel, der Komplexität und damit Entfaltung und Entwicklung im eigenen Land behindert. Innovation bleibt hier ein Schlagwort ohne Performanz. Positive Reformen weichen Repressionen, die den Rückschritt im Humanen salonfähig machen wollen. Wer so argumentiert, der verrät die internationale Idee der Anerkennung von Heterogenität und damit die Idee der Vielfalt, die nicht zur Einfalt verkommen darf. Der kleinste gemeinsame Nenner wird zur Falle. Diese Tendenz eines simplifizierenden Korsetts spüren viele und wollen die europäische Idee lieber aufgeben. Ein Europa, das über zunehmende strukturelle Gewalt etabliert wird, das muss zugrunde gehen. Europa kann nur überleben, wenn es nicht zu einer Innovationsblockade wird, sondern Entwicklung beschleunigt zum Wohle aller. Davon ist es aber weit entfernt. Es muss aushalten, dass nicht alles vereinheitlicht werden kann und muss. Wir sind mehr denn je auf den Einfallsreichtum von Menschen angewiesen, da im Zuge der Digitalisierung die künstliche Intelligenz in vielen Bereichen mit den Leistungen von Menschen konkurriert.
Wenn ich den Rahmen für neue Ideen und Kreativität so stark einschränke wie es derzeit unternommen wird, sind wir nicht gut vorbereitet auf die kommende Entwicklung. Es gibt sie schon die staatlichen Übergriffe in das Leben von Bürgern – mehr als uns bewusst und lieb ist. Wir werden hier in Schach gehalten angesichts von internationalem Terror und globalem Elend. Nebenbei fängt man hier an zu manipulieren und zu regulieren, indem der Staat seine Befugnisse deutlich überschreitet. Das geschieht schleichend und wird zu einem bösen Erwachen, wenn der Bürger hier nicht aufmerksam ist. Wenn hier die demokratische und rechtsstaatliche Verfassung letztlich zur Disposition steht, dann kann ein Europa auch nicht wachsen. Wer die Vielfalt im eigenen Land nicht schätzen kann und sogar versucht, sie zu unterbinden, der hat doch die europäische Idee gar nicht verstanden. Bildung zu vereinheitlichen und sie zur Ausbildung zu schrumpfen ist der Versuch einer gefährlichen Regulierung, die den Entwicklungs- und auch den Evolutionsdruck der tieferen Einsichten in ein friedliches Funktionieren des Zusammenlebens aussetzt. 10 Milliarden Menschen beispielsweise, die Fleisch essen wollen, werden begreifen müssen, dass diese Gier in den Hungertod führt, denn Tiere konkurrieren hier mit dem Menschen: Futtermittel für die Massentierhaltung oder vegetarische Nahrungsmittel für alle Menschen. Fleisch schädigt auch nachweislich die Gesundheit auf vielfältige Weise, aber die Massentierhaltung wird weiter angekurbelt und in die Entwicklungsländer exportiert. Ein Ende ist hier also nicht in Sicht.
Die Politik des Immer-weiter-So hat etwas Verdummendes und Erschreckendes zugleich. Wir opfern die Grundrechte, um ein System in Gang zu halten, das sich schon national deutlich unsolidarisch verhält und das auch noch als Tugend verkaufen will. Menschen werden informell abgespeist, um Verhältnisse gegen jede Veränderung zu rüsten. Der Dogmatismus hat viele Gesichter und viele Profiteure, die von ihrem begrenzten Wissensstand nicht ablassen wollen. An dieser Stelle sei auch das innovationsfeindliche Beamtentum erwähnt, das vor dem Staat buckelt und wichtige Erkenntnisse nur noch außerhalb von Institutionen thematisieren kann. Vor der Macht des Geldes kuscht so mancher schwache Geist, aber das sollte nicht diejenigen abhalten, die für humanere Verhältnisse werben bei Anerkennung von Anstrengungen, die sich der reinen Außenperspektive entziehen. Normierungen aller Art sind die Vorzeichen einer schwindenden Vielfalt, die wir im Großen nicht wollen können, wenn wir sie national im Keim ersticken. Wer sich diese Diskrepanz nicht deutlich macht, der verrät die europäische Idee vollständig und muss sich über Austritte nicht wundern. Gemeinschaft – und das ist der Irrtum – existiert nicht durch Gleichschaltung, sondern Wertschätzung der individuellen Bemühung, mehr Licht in ein sich verdunkelndes Dasein zu bringen.